LL Aktuell

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Geschichten und andere Geschichten

Tuesday, May 31, 2011

Sturm, Sturm, Sturm

Ich steh ja so auf Wellengang. Auf einem Schiff, wenn der Wind den Regen waagrecht gegen den Bug peitscht, und das Meer mit dem Himmel zu einem aufgewühlten Grau-Einerlei vermischen, wenn man unter Deck steht und hin- und hergeworfen wird vom Gewitter bis einem schlecht wird, wenn alles durcheinander fliegt, obwohl man es festgebunden hat, dann und nur dann freut man sich wie nie auf die nächste ruhige See.

Was waren das für Tage!? Bonn, was hast du mir da aufgetischt zum Schluss dieser vier Monate Zuckerwasser mit Erdbeeren?
Zum Beispiel Freitag saßen wir auf dem Dach und tauften Lichtspiele von irgendeiner Diskothek, die mit einem Scheinwerfer die Wolken anstrahlten, Bonn-Batman. Prompt kam ein Bösewicht, der uns übermäßige Lautstärke vorwarf - grinsend warteten wir mit unseren Weinflaschen auf Bonn-Batman, aber er kam nicht. Da stiegen wir die Feuerleiter wieder hinab und zogen in die Stadt, ins Pawlow. wir fuhren Fahhrad, und ich hatte ein wunderbares, 24-Zoll Mädchenfahrrad namens Hugo. Im Pawlow traf ich Jan, ja Jan aus dem Regensburger Wohnheim, der in München zur Schule ging. Aber ich traf ihn per Zufall! Was gut ist, kommt nach Bonn, sagten wir und nickten wissend.
                       Dann zogen wir weiter in die Zone, wo sehr gute Rockmusik zusammen mit sehr gutem Alkohol serviert wird. Hier fand uns ein grauhaariger, gebückter Mann mit Brille und zittrigen Händen, der sagte: "Was los hier, ich will euch alle mal malen." Wir lachten und waren froh.
              Er malte uns, jeden Einzelnen malte er und zwar im besten Licht. Keine Aschenbecher wurden gemalt, keine Makel, kein Fehl und Tadel hatten wir. Wir waren Strichmännchen! Mehr malt er nämlich nicht, der alle-mal-malen-Mann, von dem ich seit drei Monaten wusste: den muss ich live erleben. Auf den Schock trank ich einen Mindfuck, der aus 11 oder 15 verschiedenen Ingredientien besteht und einfach köstlich schmeckt. Auch das ist eine Tradition in Bonn, nach einem fröhlichen Abend absacken mit Mindfuck in der Zone. Urig. Geschmacklich konnte das nur das Spargelrisotto toppen, das wir schließlich bei der Wiederkehtr aufaßen. Es war schon Abendessen gewesen, und tatsächlich ist es kalt genauso köstlich gewesen. Das will was heißen, denn es war grandios.

Und das war nur der Freitag! Samstag brachte ich meinen elend großen und schweren Koffer dann zur Post und sagte den Postlern: Bitte, bringt mir den nach Regensburg, ja? Sie sagten: 18 Kilo, macht zwölf Euro. Vor lauter Übermut gab ich gleich noch einen Brief auf und kaufte danach für Apfelkuchen ein, von denen ich zwei buk. Einer wurde gleich an die hungrige Horde im Garten und im Nebenhaus verfüttert, der andere stand bis heute früh in meinem Zimmer, duftete und wartete auf den Abschiedskaffee im DAAD. Als ich gerade fertig war, rief Matthew an und fragte, ob ich ein Abschiedsbier im Südbahnhof trinken wolle. Das wollte ich, aber erst musste ich bei Mirl nochmal essen.
             (Also, das ist ja eigentlich klar, weil wer Mirl kennt und Nicholas natürlich, der sagt immer, wenn er kann: ja, aber erst nach dem Essen. Egal, wer kocht, bei Mirl und Nicholas wird immer gut gekocht. Sehr gut. Mjam Mjam).
           So aß ich bei Mirl, mit Nicholas und Svea, die seit Freitag zu Gast war und auch das Spargelrisotto geschaffen hatte. Wir aßen so eine Lappalie wie Ofenkartoffeln mit Gemüse, Quark und Vorspeise, aber auf beste mediterrane Art. Danach ging es in den Südbahnhof, und es war lustig und freundlich und bizarr und sehr, sehr schön. Und dann kam der Sonntag.
 
Wir gingen erst zu dritt nach St. Cyprion zu den Altkatholiken. Dann traf ich wieder Mirl, Nicholas, Matthew und Svea zum Bötchen fahren nach Beuel. Einmal war ich ja schon Fähre gefahren, bei Rhein in Flammen mitten in der Nacht, von Beuel nach Bonn. Diesmal hab ich es andersrum geschafft, und so den Kreis wieder vervollständigt. Bei sehr schlechten Kellnerinnen waren wir zu Gast im Biergarten Rheinlust, bevor ich wieder aufbrach um abends mit Slawa und Timo in die FeG zu gehen. Schön war es auch hier, warm und freundlich, hoffnungsfroh und nett wie sich das so gehört, wie das immer so ist und immer sein wird. Beschlossen wurde der Abend mit dem Fußballspiel Deutschland-Ukraine, und Grillfackeln teilen mit David in der Küche. Schließlich kam dann auch schon der Montag, also heute.

Um zehn Verabschiedung: Ich brachte Kuchen und erwartete nichts. Statt dessen gaben sie mir Geschenke. Eine Starbucks-Tasse von Bonn - dabei habe ich ihnen garnicht gesagt, dass ich von jeder Stadt, in der ich länger bin, eine Starbucks-Tasse mitnehme! Ich freue mich wie Schnitzel, immer noch und sowieso. Es war insgesamt sehr rührig, und wir waren alle etwas unglücklich über meinen Wechsel. Die Arbeit selbst war dann auch völlig problemlos - ich habe tatsächlich alles, wegen dem sie mich angestellt hatten, sauber erledigen können. Befreit und gut gelaunt ging es zum Abschluss zu Michaela, Grüne Soße essen. Bei 31 Grad saßen wir auf Bierbänken in ihrem Garten und aßen, Eier, Kartoffeln und Soße, bis wir platzen. Naja, beinahe. Es war einfach zu lecker um aufzuhören. Gott sei dank machten wir dann noch einen Rheinspaziergang. Inzwischen ist mein Bauch wieder auf normale Größe zurückgegangen, aber das Essen ist auch schon sechs Stunden her. Mjam mjam mjam sage ich nur.


So weht es. Dazwischen ist noch ganz viel anderes passiert - viele Telefonate, Star Trek gucken, schöne Emails bekommen und dass zwei meiner Ginkgo-Kerne aufgeplatzt sind! Der nächste Schritt wäre ein kleines grünes Blättchen. Ich hoffe mal, dass da bald was kommt. Bis dato genieße ich die Riesenwoge Energie und Lebensfreude, die sich hier aufgebaut hat und die mich morgen aufs trockene Land stürzen wird. Wenn ich mich vom Aufprall erholt habe, schreibe ich weiter. Bis dato: Gute Nacht und auf Wiedersehen, Bonn. Du bist einladend, freundlich, offen und wie ein Gemälde so schön. Genau wie deine Bewohner.

1 comment:

Aka said...

Machs gut und bis zum 11.6. - Hausfest :-)