LL Aktuell

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Geschichten und andere Geschichten

Thursday, May 5, 2011

Eine Frau, ein Fahrrad

"Füller, Fahrrad und Frau verleiht man nicht," sagte mein Kunstlehrer selig, und der musste es wissen, hatte er doch aller deren drei in bester Verfassung. Mirl ist das wurscht. Gut, Mirl ist nun auch eine Frau und wird demnach nicht verliehen, vielleicht gilt daher die Regel nicht für sie. Zumindest lieh sie mir heute ohne großes Aufsehen ihr Fahrrad, ja, sie forderte mich sogar auf, es zu nehmen, um ins Billa-Bonn zu fahren, wo sie waren für die Theologen-Kneipen-Tour, damit ich mit ihnen etwas feiern konnte, was ich nicht erzählen kann, weil die Tinte noch nicht trocken ist. Womit wir wieder bei Füllern wären, aber davon mehr, wenn die Tinte trocken ist. Heute zu Fahrrädern.
Mirls Fahrrad entspricht ihr in vielerlei Hinsicht: unkonventionell und genau richtig. Die Lenkung vibiriert, wenn man langsam fährt, der Sattel klappt nach hinten wie ein sich aufbäumendes Pferd, wenn man zu weit zurück rutscht und die Bremsen gehen erst an, wenn man richtig kräftig zulangt. Aber die Schutzbleche röhren beim Treten so laut, dass einen die Gruppe, die einen beim fahren begleitet, immer hört, wenn man zurückfällt, und die Ein-Gang-Schaltung verhindert, dass man schnurstracks in LKWs düst. Mit einem festen Griff ist dieses Fahrrad in einer Stadt wie Bonn bombenrichtig, weil da eh alles nicht weit entfernt ist, und es ist absolut verkehrstauglich. Dank seinen vielen Katzenaugen ist es wahrscheinlich sogar verkehrstauglicher als so manches Mountainbike. Mirl hat einen festen Griff - also was will man mehr?
Dass ich heute außerdem ein verkehrstauglicher Fahrer war, lag allein dran, dass man im Billa-Bonn auf die Order "ein Helles bitte" als Bayer echt eine Überraschung erlebt.
Ich laufe ins Billa-Bonn nach freudiger Hinfahrt, bestelle eben jenes und frage mich in freudiger Erwartung, was es denn werden wird - ein Augustiner? (ja, das hätte ich in doppelter Ausführung genommen!) Ein Paulaner, Hacker, Spaten? Eines aus einer kleinen Brauerei? Ein Andechser, Weltenburger (ja, ja!), oder gar ein Thurn und Taxis (nein!) oder ein Graf Arco, benannt nach diesem Feigling, der Kurt Eisner umgebracht hat? (NEIN!)
Aber ne, man kriegt ein Weißbier. Ein Weißbier! Da bestellt man ein Helles und kriegt ein Weißbier! Als ich meinen Begleitern meine Ungunst kund tat, fragten sie mich doch glatt, wie denn Bier in Bayern dann heißt, und ich konnte nichts entgegnen außer: "Ja Helles halt." Denn Helles ist eine Biersorte wie Kölsch, Alt und eben Weißbier - was soll ich dazu sagen? Und was soll ich überhaupt sagen, wenn diese Kneipe an diesem Tag auch noch ein Schild aufstellt, auf dem mit einem bayerischen Abend geworben wird? Auf Nachfrage hatten sie dann überhaupt kein Helles. Eine herbe Enttäuschung. (Im doppelten Sinn).
Auch enttäuschend war die Nachfrage nach dem T-Shirt. Letztens in München sah ich tatsächlich jemanden mit einem Billa-Bonn T-Shirt. Erfolgreich wie Werbung manchmal ist, dachte ich sofort: Da muss ich doch mal hin. Aber siehe, als ich dann da war und mich dem Barkeeper selbst als Werbefläche anbot, wenn er mir nur ein T-Shirt schenken würde, sagte er mir, die gäbe es garnicht. Das sei wohl ein sehr altes T-Shirt gewesen, dass an den Fußballverein gegangen sei, den das Billa-Bonn sponsort. Aber sicher nicht in den letzten Jahren, wo er selbst Mitglied gewesen sei, und kein T-Shirt gesehen hätte, jemals. Daher muss ich leider sagen, und es tut mir weh in der Seele, leider muss ich sagen: das Billa-Bonn war eine Enttäuschung.
Gut, dass ich Mirl, Nicholas, Benni und andere dort traf, und gut, dass ich mit Mirls Fahrrad soeben wieder zurückfahren durfte. Da weiß man doch, was man hat!

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