LL Aktuell

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Geschichten und andere Geschichten

Thursday, November 7, 2013

Utrecht und Rotterdam

Seltsam, wie einen der Urlaub verändert. Kaum ist man draußen aus der Stadt, in der man arbeitet, wird alles leichter. Du packst deinen Rucksack, du packst ihn aus. Alles darf durcheinanderfliegen, weil es eh gestopft wird. Unordnung darf passieren, weil zwei Tage später eh alles wieder eingepackt wird. Entscheidungen bewegen sich im Rahmen: Was sehe ich mir an, wo esse ich, trinke ich einen Kaffee oder nicht? Es gibt keine "ich muss" - Gedanken. Selbst Tickets kaufen oder mal eine Mail schreiben passiert völlig stressfrei und trotzdem - oder eben darum - pünktlich. Es ist einfach, als hätte jemand einen Schalter umgelegt. 

Utrecht

Meine Güte ist das ein niedliches Städtchen! Ich kam im strömenden Regen an und eine Freundin in roter Jacke begrüßte mich mit strahlendem Lächeln. Vielleicht gefällt es mir deshalb so gut, aber die Häuschen hier sind auch wirklich sehr niedlich. Es sind Straßenzüge von aneinandergebauten Häusern, die alle aus der Jahrhundertwende (die vorletzte, nicht die letzte) zu stammen scheinen. Aber sie sind nicht gleichförmig, sondern heterogen, unterschiedlich hoch, unterschiedlich gefärbt. Und alle niedlich. Vor dem Küchenfenster ist ein Blumenladen, der große Töpfe rotfarbener Blumen in der Auslage hat, vorne die violetten, hinten zartrosa Orchideen, dazwischen weitere Farbstufen. Das werde ich mir morgen alles genau anschauen, wenn ich nach Rotterdam fahre. Es verspricht, heiter zu werden. Neben dem sehr warmen Empfang war schon die Herfahrt lustig. Das Zugpersonal nach der niederländischen Grenze kündigte ihre Durchsage gar an mit: "Meine Damen und Herren, wir präsentieren stolz Jan jflksdit, Mitarbeiter des Monats und außerdem ihr Zugführer." Später spielten sie ihm einen Tusch bei der Durchsage. Wenn auch nur die Hälfte der Niederländer so gut gelaunt ist, sollte man hier häufiger sein (als Deutscher zumindest ;)

Rotterdam
Das war Glück. Nicht nur, dass das Boot um 13:30 abfährt und ich um 13:15 ankam, sondern auch weil Mittwoch ist, und da kostet die Fahrt mit dem Pfannkuchenboot nur 12,50 statt den normalen 23,50. Also habe ich jetzt, an diesem kalten, regnerischen Tag in Rotterdam zwei Stunden Bootsfahrt durch den größten europäischen Hafen vor mir, auf einem Boot, dass kostenlos während der Fahrt Pfannenkuchen verköstigt soviel man will.
Bisher hat sich Rotterdam kalt und windig gezeigt. Es war ein leichtes, eineinhalb Stunden für einen Kilometer zu brauchen, weil die Straßennamen und mein Stadtplan weit auseinandergingen. Das soll nicht heißen, dass mein Stadtplan falsch war, weil mir schon klar ist, dass ich falsch war. Leider war aber der Bahnhofsplatz so verbaut, dass ich die richtige Straße nicht fand und so einfach der Nase nachging. Wer hat das nochmal gesagt, dass man sich Städte erlaufen muss? So ein Humbug, der wusste ganz genau, dass es eigentlich heißen müsste "verlaufen". In Städten muss man sich verlaufen, jawohl. Nachdem ich mich in Rotterdam jetzt nämlich verlaufen habe, kenne ich mindestens vier Straßen, di nicht zum Hafen führen. Ich weiß, welche Straße eine so unbemerkte Kurve macht, dass man am Ende Quer- und Längsstraßen verwechselt. Autofahren könne ich wohl auch, weil ich die wichtigsten dicken fetten Autostraßen um den Bahnhof herum gelaufen bin. Außerdem weiß ich leider, dass Anfang November ein blöder Zeitpunkt ist, durch Rotterdam zu laufen. Aber immerhin weiß ich auch, wo das Pfannkuchenboot abfährt!

Wie heißt das eigentlich richtig? Pfannkuchen oder Pfannenkuchen?

Wieder Utrecht
Jetzt war ich gerade mit Raika in ihrem Geburtsvorbereitungskurs. Wir haben uns die Herztöne ihres Sohnes angehört. Er galoppiert wie ein kleines Pferdchen. Sehr beruhigend. 
Blog schreiben ist nach so einer Weile wirklich eigenartig. Man verlernt es vielleicht nicht, aber so gut wie vorher bin ich trotzdem noch nicht. Es ist, als wären meine Finger eingerostet, aber mehr die metaphorischen als die echten. Wahrscheinlich brauch ich wieder mehr Übung. Was könnte ich noch erzählen?
Der Hafen von Rotterdam ist beeindruckend. Richtig schön ist er nicht, weil er ja ein industrieller Hafen ist. Aber die Tanks und Silos, die Lagerhäuser und die Containerschiffe sind einfach so viel größer als alles, was man je in der Richtung gesehen hat, dass es einem die Sprache verschlägt. Wie Wolkenkratzer beinahe! Einfach mal zehn, zwölf Silos für Getreide oder Öl nebeneinander, jedes einzelne so groß wie ein Mehrfamilienhaus. Ja klar, wenn man der größte Hafen Europas ist, braucht man das.
Ich bin ganz froh, dass sie mit dem Bauen des Hafens fertig wurden. Mit den Bahnhöfen werden sie wohl nie fertig. Der Bahnhof in Utrecht wird - so verriet mir Raika - seit gut sieben Jahren umgebaut. Vielleicht sollte ich eher renovieren sagen, weil der Umbau nicht mit Stuttgart 21 vergleichbar ist, sie bauen schon viel, aber die wichtigsten Dinge bleiben alle an Ort und Stelle. Also die Gleise halt. Und es wird euch nicht wundern - der Bahnhof in Rotterdam wird ebenso lange umgebaut, und ist auch noch nicht fertig. 
Schade, dass es hier gerade so viel regnet, ansonsten würd ich mir ein Fahrrad leihen und durch die Gegend düsen. Das ist nämlich wahr, was man über die Niederländer so sagt, die fahren echt richtig viel Fahrrad! Und deren Fahrradwege! Nich so ein bißchen ne andere Farbe, aber eigentlich Teil des Gehwegs. Nee, die Radwege hier sind ziegelrot und tiefer gelegt als der Gehweg. Wennste also auf den Radweg gehst, gehst du eine Stufe runter und das fühlt sich an als trätest du auf die Fahrbahn. Is ja auch so! Die Radwege sind außerdem richtig breit, und manchmal in der Mitte geteilt für beide Fahrrichtungen.
Utrecht und die Niederlande allgemein sind glaub ich wirklich schön. Hier könnte man auch längere Zeit gut verbringen. Aber vielleicht sollte man sein eigenes Essen mitnehmen. Brot zum Beispiel lässt sich bequem auf die Größe eines Portemonnaies zusammendrücken. Und auch Snackkultur ist ganz anders. Es gibt zum Beispiel Automaten, die dir Käsesoufflee und Kroketten anbieten. Die Kroketten sind gefüllt mit Fleischstücken und Pampe, die Käsesoufflees sind frittierte Käsetaschen. Die liegen dann in diesen Automatenfenstern, und du kriegst sie auch wirklich heiß! Dahinter steht ein Mensch, der die Automatenfenster befüllt. Aber den siehst du nie. 
Bei Raika essen wir aber gesund und ausgewogen, weil wir einfach kochen. Die wird mal eine super Mama!

Friday, November 1, 2013

Spontane Richtungsänderung



Jetzt also doch wieder Blog oder wie? Völlig inkonsequent? Ja Mann, das ist mein Blog, da sag ich wann was ist! Und wenn ich wieder Blog schreiben will, dann tu ich das und keine zehn Pferde können mich davon abhalten. Außerdem, was soll ich denn sonst machen, wo ich jetzt zehn Stunden nach Polen fahre?
Ja, ich mach nen Städtetrip. Die Reiseroute ist: Krakau - Berlin - Utrecht - Luxemburg - Bonn - Ludwigshafen
Zwei Wochen hab ich dafür Zeit, überall kann ich gut zwei Tage sein. Ich dacht mir das wird ganz easy, wenig Zeug mitnehmen, gemütlich im Bus und im Zug sitzen und dazwischen mit vielen netten Leuten in schönen Städten trinken und ratschen. Dann hab ich heut morgen meinen Rucksack hochgehoben.
Der ist so schwer! Wie soll ich den nur die ganze Zeit tragen? Ach du meine Goethe! Da hab ich millionentrillionenbillionenbazillionenklingonen Dinge drin, und die Hälfte davon ist Unterwäsche. Die andere Hälfte ist Alkohol. Am Markt hab ich am Mittwoch noch tolle Schnäpse gekauft, Brombeere und Haselnuss und Zwetschge und Bier natürlich. Das wird alles auf der Strecke bleiben, bei der Ola und der Raika und der Julie und dem Feng. Jetzt lagert es gerade in dem bazillionenvollen Rucksack irgendwo unter mir in den Gedärmen dieses Busses, umwickelt von meinen Pullovern und meinem einzigen Handtuch.
Hätte Katja (das ist übrigens meine neue Mitbewohnerin, Katja, mit Hund Frieda; also hätte diese Katja...) gestern nicht noch gefragt: "Hast du ein Handtuch?", hätte ich jetzt kein Handtuch. Welch ein Glück, dass es Katja gibt. Wo doch jeder weiß, dass ein Handtuch das zentrale Gepäckstück eines jeden Anhalters durch die Galaxis ist. Hups, fasches Buch, wir sind ja garnicht am Rande des Universums. Wir sind auf einer Autobahn (am  Rande des Universums).

Ich sitz im Bus und schreibe Stuss
die Füße tun mir frieren
der Fremde neben mir 
hört laut Musik dafür
lässt er mich friedlich stieren

Ich bin im Nirgendwo
ja das ist sicher so!
Nirgendwo ist ein Ortsschild
Nach dreißig Minuten schon
hielten wir an zum Hohn
des deutschen Pünktlichkeitsbild

Wir werden niemalsnich
pünktlich in Polen-ich
ankommen, aber eh wurscht;
Die Zeit die fliegt vorbei
sie ist ganz einerlei
wichtig sind Hunger und Durst

Die hab ich beide nicht
von An- zu Angesicht
das wird schon alles werden;
Hauptsache ist gesund
dann geht sich wohlgemund
auf dieser schönen Erden


Als ich heut morgen aufgewacht bin, blickte ich in einen rosa Himmel, in den jemand mit einem verschwenderisch breiten Pinsel hellblaue Striemen gemalt hatte. Wann tut einem schon mal jemand den Gefallen, einen zum Aufwachen über Felder und Wiesen zu fahren, die Bob Ross gemalt haben könnte? Mit dem schnurrigen Gezuckel eines großen, behäbigen Reisebusses geht es vorbei an einer alten Dosenfabrik. In der Ferne steht ein Kirchturm, und ein paar Bauernhäuser sind in die Landschaft gewürfelt. Im Raureif des Morgengrauen sehen kleine Dörfer immer so aus, als ob der Mensch ausgezogen sei und die Natur sich das Gebiet schon bald zurückerobern würde. Steinmauer werden schon bald abbröckeln und zuwachsen, Rehlein werden solange über Vorhöfe trapsen bis der Asphalt rissig wird. Dabei verabschiedet sich das Morgenrosa in Wahrheit Richtung Westen, nach Frankreich, Spanien und USAland. Das Himmelblau obsiegt und sagt uns allen: "Hallo, wach? Ruckel und zuckel dich aus deinem Bettchen, beginn dein Tagwerk! Dein Bus wartet schon."

Friday, May 10, 2013

N D

Langeweile und seichgang, schwundlos und öde. Der halbherzige Versuch, einen komatösen wiederzubeleben, der ach so lange keine Lebenszeichen mehr von sich gibt. Pathetisch, vergessbar.
Aber anonyme Kommentare? Sind wir soweit, litearische Untiefe mit verbalen Tiefschlägen zu quittieren?
Sei's dru, ich weiß es ja alles, selber besser. Der Kick, der mir fehlte, kam von außen. Solang er nur kam.

's ist Zeit, wohlan. Was lange fehlte, nimmt jetzt Schwung um mit frischer Kraft einzumotten, was da solange schon brökelt. Was einmal Granit war zeigt sich heute als poröses Leerwerk. Schwer wird es nicht, das zum Einstürzen zu bringen. Eine fremde Zeile reicht.

Keine bücherdicken Ausdrucke, die in klitzekleines Konfetti zerissen werden, nein, wenn soviel Esprit noch wäre, gäbe es ein Weiter.

Ein paar Danksagungen, das ja. Gut war es, schön, wieder zu lesen, viel fixierte ewige Erinnerung, denn das Inrternet vergisst nicht. Danke vor allem an dich, denn ohne dich wäre nichts aufgebaut.

Auch ein Schuldeingeständnis, wohl angebracht. Ich zeigte die kalte Schulter, wurde bequem, fett, wie Rom. Wohlstand, du alte Sau.

Zum Abschied ein paar Fotos, etwas Musik











Ruhmlose verletzte Worte

Versprochene Bilder:


Alltag

Drache
Droge

Grund

  



Nicht vergessen!

Wegweiser










Damit wars das.


N D



Saturday, April 27, 2013

Smalltalk ist ein Vertrauensbeweis an die Fremde

Zwei Stunden Fitnessstudio, eine Stunde davon auf dem Fahrrad, eine auf dem Crosstrainer;
Dabei fernsehen; Ich habe keinen Fernseher, ich gehe zum Fernsehen ins Fitnessstudio. Man kann nur gucken solange man tritt. Sonst geht der Strom aus und man hört keinen Ton mehr. Die Bildschirme laufen weiter, acht haben sie, wo 24 Stunden jeweils der gleiche Sender läuft. Zumindest glaube ich das. Ich war noch nie 24 Stunden lang dort, aber das Studio hat 24 Stunden geöffnet.
Mein Freund schrieb eine SMS, als ich gerade durch die Tür ging um nach Hause zu gehen. Das nenne ich Timing. Leider reagierte er nicht auf meine Antwort. Aber morgen ist auch noch ein Tag. Zumindest weiß er, dass es mir gut geht, wenn er morgen aufwacht. Ich hoffe, er wacht gut auf.
Daheim angekommen, setzte ich mich auf die Dachterrasse. Der Mond zog mich an. Er ist rund und voll. Kleine Schleierwolken umranden ihn. Nach einer Weile innehalten kamen die Geräusche der Nacht zu mir. Reudige Katzen, die einsam ihren Jammer in die Welt schreien. Fernes Autorauschen. Und der unvermeidlich-kitschige Wind in den Blättern.
Gut, wenn ein Wetterbericht einmal nicht recht hat. Er sagte: Regen. Er sagte: kalt.
Das heben wir uns mal schön für morgen auf, frühestens. Wir hatten drei Tage schönes Wetter, am Stück. Gestern konnte ich sogar ein Kleid tragen, ohne Strumpfhose. Drei Tage, nach einem erbarmungslos langem Winter. Und ich meine Winter - vor drei Wochen hat es noch geschneit, und jetzt haben wir bald Mai. Wenn man so einen bösen, grauen, kalten, verschneit-vermatschten Winter so lange um sich hat, muss man einfach vom Wetter reden. Auch, wenn es das langweiligste Blogthema überhaupt ist.
Oder anders: Wenn man sich solange nicht gesehen hat wie wir uns, dann redet man wohl unvermeidlich über's Wetter. Erbärmlicher kleiner Small-Talk, den ich da führe. Wie jeden Tag in der Arbeit, mit diesen Kollegen, die man immer nur ganz kurz die Woche sieht. Nein, nicht erbärmlich, der Small-Talk. Gutes Bindemittel mit Fremden, die man gerne zu Freunden machen will, weil man davon ausgeht, dass sie nett sind. Also ein Vertrauensbeweis in die Fremde. Fremde im Sinne von Fremdheit.

Blogschreiben ist leichter auf Reisen. Natürlich besonders einfach, wenn man konkret reist, zum Beispiel nach Kalifornien. Zumindest wenn man die Zeit dazu hat. Aber auch auf übertragenen Reisen ist Bloggen viel einfacher. Zum Beispiel auf der Reise in die Berufstätigkeit, wie in Bonn. Da ist Bloggen einfach mal kein Problem, ja, im Gegenteil, es verbessert das ganze Geschehen.

In München bin ich angekommen. Schon als ich in München ankam, war ich eigentlich angekommen. Seit ich aber Bruckengangsterin bin, hab ich auch ein Zuhause. Mit Garten und Tandem und Gartenzwerg und Garage, und mit bellendem Nachbarshund, mit gemeinsam Abendessen, mit Fahrrad vor der Tür und dem universellen Alles-Gut-Gefühl. Was soll man da schon schreiben? Alles gut?

Das ginge. Ja, das ginge sicher. Ich könnte, einfach so, jeden Tag schreiben: alles gut. Und genau da liegt das Problem, nicht wahr? Mir graut davor, es zu bestätigen, dieses abgedroschene Klischee, aber Kunst, selbst so eine banale Kunst wie Blogschreiben, bedarf einer Triebfeder. Nein, schlecht gehen muss es dem Künstler nicht, nein - wobei es hilft, garkeine Frage. Aber stillstehen darf er nicht. Und offentichlich darf es ihr auch nicht zu gut gehen. Das killt die Kreativität.

Nur: warum schreibe ich das hier dann?

Die Gläser hoch auf eine neue Sinnreise! Setzt die Segel, hebt den Anker! Wir begeben uns auf eine Reise zum Ursprung der letzten Frage.

Morgen!