LL Aktuell

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Geschichten und andere Geschichten

Tuesday, May 31, 2011

Sturm, Sturm, Sturm

Ich steh ja so auf Wellengang. Auf einem Schiff, wenn der Wind den Regen waagrecht gegen den Bug peitscht, und das Meer mit dem Himmel zu einem aufgewühlten Grau-Einerlei vermischen, wenn man unter Deck steht und hin- und hergeworfen wird vom Gewitter bis einem schlecht wird, wenn alles durcheinander fliegt, obwohl man es festgebunden hat, dann und nur dann freut man sich wie nie auf die nächste ruhige See.

Was waren das für Tage!? Bonn, was hast du mir da aufgetischt zum Schluss dieser vier Monate Zuckerwasser mit Erdbeeren?
Zum Beispiel Freitag saßen wir auf dem Dach und tauften Lichtspiele von irgendeiner Diskothek, die mit einem Scheinwerfer die Wolken anstrahlten, Bonn-Batman. Prompt kam ein Bösewicht, der uns übermäßige Lautstärke vorwarf - grinsend warteten wir mit unseren Weinflaschen auf Bonn-Batman, aber er kam nicht. Da stiegen wir die Feuerleiter wieder hinab und zogen in die Stadt, ins Pawlow. wir fuhren Fahhrad, und ich hatte ein wunderbares, 24-Zoll Mädchenfahrrad namens Hugo. Im Pawlow traf ich Jan, ja Jan aus dem Regensburger Wohnheim, der in München zur Schule ging. Aber ich traf ihn per Zufall! Was gut ist, kommt nach Bonn, sagten wir und nickten wissend.
                       Dann zogen wir weiter in die Zone, wo sehr gute Rockmusik zusammen mit sehr gutem Alkohol serviert wird. Hier fand uns ein grauhaariger, gebückter Mann mit Brille und zittrigen Händen, der sagte: "Was los hier, ich will euch alle mal malen." Wir lachten und waren froh.
              Er malte uns, jeden Einzelnen malte er und zwar im besten Licht. Keine Aschenbecher wurden gemalt, keine Makel, kein Fehl und Tadel hatten wir. Wir waren Strichmännchen! Mehr malt er nämlich nicht, der alle-mal-malen-Mann, von dem ich seit drei Monaten wusste: den muss ich live erleben. Auf den Schock trank ich einen Mindfuck, der aus 11 oder 15 verschiedenen Ingredientien besteht und einfach köstlich schmeckt. Auch das ist eine Tradition in Bonn, nach einem fröhlichen Abend absacken mit Mindfuck in der Zone. Urig. Geschmacklich konnte das nur das Spargelrisotto toppen, das wir schließlich bei der Wiederkehtr aufaßen. Es war schon Abendessen gewesen, und tatsächlich ist es kalt genauso köstlich gewesen. Das will was heißen, denn es war grandios.

Und das war nur der Freitag! Samstag brachte ich meinen elend großen und schweren Koffer dann zur Post und sagte den Postlern: Bitte, bringt mir den nach Regensburg, ja? Sie sagten: 18 Kilo, macht zwölf Euro. Vor lauter Übermut gab ich gleich noch einen Brief auf und kaufte danach für Apfelkuchen ein, von denen ich zwei buk. Einer wurde gleich an die hungrige Horde im Garten und im Nebenhaus verfüttert, der andere stand bis heute früh in meinem Zimmer, duftete und wartete auf den Abschiedskaffee im DAAD. Als ich gerade fertig war, rief Matthew an und fragte, ob ich ein Abschiedsbier im Südbahnhof trinken wolle. Das wollte ich, aber erst musste ich bei Mirl nochmal essen.
             (Also, das ist ja eigentlich klar, weil wer Mirl kennt und Nicholas natürlich, der sagt immer, wenn er kann: ja, aber erst nach dem Essen. Egal, wer kocht, bei Mirl und Nicholas wird immer gut gekocht. Sehr gut. Mjam Mjam).
           So aß ich bei Mirl, mit Nicholas und Svea, die seit Freitag zu Gast war und auch das Spargelrisotto geschaffen hatte. Wir aßen so eine Lappalie wie Ofenkartoffeln mit Gemüse, Quark und Vorspeise, aber auf beste mediterrane Art. Danach ging es in den Südbahnhof, und es war lustig und freundlich und bizarr und sehr, sehr schön. Und dann kam der Sonntag.
 
Wir gingen erst zu dritt nach St. Cyprion zu den Altkatholiken. Dann traf ich wieder Mirl, Nicholas, Matthew und Svea zum Bötchen fahren nach Beuel. Einmal war ich ja schon Fähre gefahren, bei Rhein in Flammen mitten in der Nacht, von Beuel nach Bonn. Diesmal hab ich es andersrum geschafft, und so den Kreis wieder vervollständigt. Bei sehr schlechten Kellnerinnen waren wir zu Gast im Biergarten Rheinlust, bevor ich wieder aufbrach um abends mit Slawa und Timo in die FeG zu gehen. Schön war es auch hier, warm und freundlich, hoffnungsfroh und nett wie sich das so gehört, wie das immer so ist und immer sein wird. Beschlossen wurde der Abend mit dem Fußballspiel Deutschland-Ukraine, und Grillfackeln teilen mit David in der Küche. Schließlich kam dann auch schon der Montag, also heute.

Um zehn Verabschiedung: Ich brachte Kuchen und erwartete nichts. Statt dessen gaben sie mir Geschenke. Eine Starbucks-Tasse von Bonn - dabei habe ich ihnen garnicht gesagt, dass ich von jeder Stadt, in der ich länger bin, eine Starbucks-Tasse mitnehme! Ich freue mich wie Schnitzel, immer noch und sowieso. Es war insgesamt sehr rührig, und wir waren alle etwas unglücklich über meinen Wechsel. Die Arbeit selbst war dann auch völlig problemlos - ich habe tatsächlich alles, wegen dem sie mich angestellt hatten, sauber erledigen können. Befreit und gut gelaunt ging es zum Abschluss zu Michaela, Grüne Soße essen. Bei 31 Grad saßen wir auf Bierbänken in ihrem Garten und aßen, Eier, Kartoffeln und Soße, bis wir platzen. Naja, beinahe. Es war einfach zu lecker um aufzuhören. Gott sei dank machten wir dann noch einen Rheinspaziergang. Inzwischen ist mein Bauch wieder auf normale Größe zurückgegangen, aber das Essen ist auch schon sechs Stunden her. Mjam mjam mjam sage ich nur.


So weht es. Dazwischen ist noch ganz viel anderes passiert - viele Telefonate, Star Trek gucken, schöne Emails bekommen und dass zwei meiner Ginkgo-Kerne aufgeplatzt sind! Der nächste Schritt wäre ein kleines grünes Blättchen. Ich hoffe mal, dass da bald was kommt. Bis dato genieße ich die Riesenwoge Energie und Lebensfreude, die sich hier aufgebaut hat und die mich morgen aufs trockene Land stürzen wird. Wenn ich mich vom Aufprall erholt habe, schreibe ich weiter. Bis dato: Gute Nacht und auf Wiedersehen, Bonn. Du bist einladend, freundlich, offen und wie ein Gemälde so schön. Genau wie deine Bewohner.

Wednesday, May 25, 2011

Ruhe ohne Sturmsicht

Wie das so ist, ruht vor der ganz großen Aufregung die Welt. Welche Macht ich über sie habe, über die Welt, und über den Wind. Renne ich meinen Aufgaben hinterher, ist sie hektisch und aufgeblasen. Sage ich: "Komm morgen wieder, lass mich in Frieden, lass mich atmen, Welt," dann steht sie vor meiner Tür und schweigt. Ich lasse sie ruhen. Mein ist die Macht.

Die Luft zu süß um sich in Arbeit zu stürzen. Ach, was will nicht alles gemacht werden. Reisegepäck will beantragt, Fahrkarten wollen gekauft, Obatzer will gemacht, Nachmieter wollen gefunden, Überweisungen getätigt werden. Ich lasse die Aufgaben und warte. Grollt mir ruhig, baut euch auf, um euch morgen mit um so mehr Gewalt auf mich zu stützen. Aber nach Abschnitten ist Pause eine gute Sache.

Seit Moria gab es nur noch kleine Umwälzungen als kurzes Intermezzo am Wochenende, das mir ins Bewußtsein brachte, dass die letzte Schlacht nicht geschlagen ist. Eine falsche Telefonnummer und Höflichkeit sorgten dafür, dass ich mir Sonntag abend dreimal anmurren ließ, warum ich nicht eher angerufen hätte, obwohl ich nicht wusste, dass die Frau, deren Nummer ich nicht hatte, am Wochenende in München sein wollte.

Es ist eine Dominokette. Die Frau, deren Nummer ich nicht hatte, sei Agathe, die befreundet ist mit jemanden hier einmal genannt Irmtrud, die befreundet ist mit zwei Menschen hier genannt Benedikt und Agnes. Benedikt gab mir Freitag Agathes Nummer, weil Agathes Sohn ein Zimmer zur Zwischenmiete für mich haben könnte. Ich rief an bei einem Anrufbeantworter.
Er sagte: "Frohe Ostern und Alles Gute".

Mehr nicht.

Das ist nun grundsätzlich eine gute, aber wenig produktive Nachricht. Ähnlich beruhigend wie ein BlueScreen - beruhigend, obwohl er das Gegenteil bedeuted.

Ich wiederholte die Nummer übers Wochenende einige Male ohne weiteren Erfolg. Gewiss hatte ich hierbei auch wenig Nachdruck. Zimmer vermitteln ist Arbeit, wie ich fünf Jahren WG-Erfahrung weiß. Wochenende ist Freizeit, und Freizeit ist heilig, wie ich aus meiner deutlich kürzeren Erfahrung als Teil der arbeitenden Bevölkerung weiß. Daher eben etwas weniger Nachdruck beim Telefonieren am Wochenende wegen einem Zimmer. Ich wollte Agathe nun ja nicht vergraulen. Weh mir, im Gegenteil, ich wollte in diesem Zimmer wohnen. Erst Sonntag  meldete ich Benedikt und Agnes den aktuellen Status wiederum per Telefon.
Der Status hieß: nichts erreicht. Das war schlecht. Mir wurde mitgeteilt, dass es nun wohl zu spät sei, weil Agathe am Wochenende Zeit gehabt hätte und danach nicht mehr, weil Benedikt und Agnes dann nicht mehr da seien.

Dies war grandios. Erstens ging mir nach dieser Nachricht die Muffe, weil eine verlockende Wohnung damit gestorben schien, zweitens waren alle sauer auf mich.

Beileibe, das verstand ich nicht. Tatsächlich war mir das der ungerechtfertigten Anschuldigung auch entschieden zuviel. Ich schaltete auf Widerstand und schubste mal zurück. Ich erklärte: Nein, ich wusste nichts von dem Zeitrahmen Wochenende. Und nein, ich rufe am Wochenende nicht mehr als zweimal täglich bei jemandem an, der mir positiv gestimmt sein soll. Und nochmal nein, ich gerate auch nicht in Panik wenn ich nach vier (oder waren es fünf?) Anrufen in zwei Tagen niemand erreiche an einem Wochenende. Ich hatte die Nummer zweimal überprüft und mir von Benedikt bestätigen lassen.
Nein, unter den gegebenen Umständen wartete ich. Und ich würde wieder warten.

Schönerweise glättete mein Gegenwind die Wogen! Ich bekam die Nummer von Irmtrud. Mit Vorbereitung ging ich in dieses Gespräch. Der Inhalt dieser Schelte war derselbe, nur war der Gegenwind sanfter. Ich wehte entsprechend zurück. Siehe da, schon erhielt ich - schließlich, endlich und richtig - die Nummer vom Agathe. Aber siehe, andere Nummer gleiches Spiel: Anrufbeantworter. Diesmal ohne Ostergrüße. Immerhin. Das war irgendwie besser.

Was soll ich sagen, eine Stunde später kam der Rückruf. Diesmal kein Gegenwind, sondern Friede, Freude Eierkuchen.
Wir verwickelten uns schnell in eine nette Unterhaltung und fanden eine Lösung. Sie gibt den Schlüssel bei noch zwei anderen Personen ab, ich gehe dahin und sehe mir das Zimmer an. Völlig unabhängig, zeit- und stresslos. Tada! Und alles ist gut.

So ist das mit dem Wind. Wer ihn säht, kriegt ihn auch. Bei mir ist aber Windstille. Nicht mal Pusteblumen zersteuben sich. Nein, ich wehe erst wieder in München. Hier ist die Luft zu süß. 

Dazwischen ziehe ich um und verabschiede mich von Bonn, das sich von der allerbesten Seite zeigt. Warm und schön und blühend. Vögel zwitschern, während vor Mirls Fenster Konstantin Wecker pfeife, bis sie rausschaut. Manchmal die bessere Art der Kommunikation als Telefon.
Morgen ist Weinkeller-Abschied, Montag ist Arbeitsabschied. Ich gehe gewiss mit einer Träne im Auge. Mindestens einer.

Friday, May 20, 2011

Mein persönliches Moria

Gestern Abend begegnete mir mein persönliches Moria. Aus reiner Dummheit stocherte ich Pippin-gleich in unbekannten Tiefen und weckte ein allesverschlingendes Monster, dem schließlich meine größte Stütze zum Opfer fiel.

Je nun, wollte ich gestern abend das Video machen und davor endlich, endlich ein Backup, weil ich von diesem meinem Computer noch nie ein Backup machen konnte, weil die Sicherungsfunktion von Windows einfach nicht funktionieren wollte. "Diesmal aber", dachte ich mir, "diesmal suche ich mir ein gutes Programm und dann geht das."
Mehr wollte ich an diesem Abend auch garnicht mehr machen, dafür früh schlafen, weil ich schon eine Irrfahrt hinter mir hatte. Als ich nämlich zwei Stunden vorher die Arbeit verlassen hatte, lag mein Schlüssel friedlich unbemerkt auf meinem Schreibtisch. Nun konnte ich weder Fahrrad fahren noch in mein Zimmer. Also musste ich wohl oder übel (eindeutig übel übrigens) wieder zurück. Leider ist ab achtzehn Uhr ist das DAAD - Gebäude verschlossen, und meine antizipierte Ankunftszeit lag bei 18 Uhr 10. Nun brauchte ich für meine Irrfahrt so oder so noch Gefährten brauchte, holte ich meine liebe Kollegin Corina mit ins Boot, die noch im Gebäude arbeitete. Treu erklärte sie sich sofort bereit, mir aufzumachen, und als ich dann angelangte, hielt sie mir mit einem Lächeln den Schlüssel entgegen.

Natürlich hätte ich es wissen müssen, dass dies nur die Einleitung war. Durfte Odysseus nach den Zyklopen wieder nach Hause? Oder Han Solo nach der Zerstörung des Todessterns (Nummer eins) friedlich weiter schmuggeln? Und Frodo? Durfte der wieder heim, nachdem er den Ring nach Bruchtal gebracht hatte?

Nun ich langte wieder im Goebenstift an und wusste, an diesem Tag würde ich nicht mehr nach Wohnungen in meiner Heimatstadt München suchen, denn genug war genug. Statt dessen wollte ich für einen reibungslosen Computer sorgen, der schnell und sauber arbeiten würde. Dazu hatte ich vorher schon die Registry gereinigt, die Platte partizioniert und wollte nun ein Backup machen, um danach auf Dublettenjagd zu gehen. (Dublettenjagd = Doppelte Dateien suchen lassen und löschen zum Platzsparen).

Ich startete den Backup-Vorgang, hatte eine Fehlermeldung, einen Bluescreen und garnichts mehr.
Beim Starten kam der Vaio-Bildschirm und danach sofort der Satz:

Operating System not found. 

Da war er, mein Balrog. Mit all den üblen Anzeichen, die so ein Balrog mit sich bringt: vor dem Absturz die Fehlermeldung: "Back-up fehlgeschlagen", danach der eingefrorene Bildschirm, gefolgt von dem BlueScreen. Der Bluescreen, der böse, der nur auftaucht, wenn es ernst wird, wenn es sehr, sehr ernst wird. In weißer Schrift konnte ich gerade die Hälfte noch lesen und war unglaublich beruhigt als ich las, wie ich bei diesem schweren Ausnahmefehler agieren solle. "Flieh, du Närrin" stand da in diesen hellen, weißen Buchstaben auf dem schönen Blau. BlueScreen-Blau ist ein schönes Blau. Und dann stüzte er ab.

Wie die Gefährten trauerten, so trauerte ich und lief kopflos durchs Haus. Trank Tee, sprach mit Conrad. Conrad konnte auch nichts machen. Trank noch mehr Tee und telefonierte mit Schwager Peter. Peter sagte: "Klingt nach toter Festplatte" und erklärte sich bereit, am nächsten Tag die Hotline anzurufen. Dann sagte er noch: "Geh mal Bier trinken." Was sollte ich denn auch anderes machen - konnte ich nicht fernsehen, Musik hören, Emails schreiben, Blog schreiben, Geschichte schreiben, konnte ich doch sonst garnichts machen! Und immer wieder sagte der Laptop nur: "Operating system not found."

Ich, völlig ohne Sicherungen in Bonn! Keine Garantieunterlagen, keine Boot-CD, kein Ersatzcomputer. Garnichts. Oh weh mir, was sollte ich nur tun? Zwei Wochen bevor ich in Regensburg wieder wäre, und keine Ahnung ob meine CD-Roms mit Betriebssystem überhaupt etwas bringen würden! Hätte ich den Computer in einen Laden gegeben, wäre die Garantie flöten gegangen, hätte ich ihn eingeschickt, hätte ich Monate auf ihn verzichten müssen! Oh Tragik!
Ich ging und klagte David mein Leid. Fragte ihn nach einer bootfähigen CD. Nach der Predigt gab er mir eine. Und der Laptop laß sie. Er stand wieder auf aus dem Schatten.

Es war eine Vista-CD, für ein Laptop mit Windows 7. Egal! Soll die CD mal versuchen, zu reparieren! Mit dem Telefon in der Hand stand ich vor dem Bildschirm in meinem Kellerzimmer. Peter an der anderen Leitung  begleitete jeden Klick.  Immer schon bieten diese System-CD's die Möglichkeit zu sagen: Repariere statt installiere. Klick!
Und siehe, dieses kleine Signal, ausgelöst von einer CD für ein anderes Betriebssystem, nur dieser eine Klick weckte in den tiefsten Untiefen etwas, was da schlafend lag, ohne dass ich wusste, dass es da war, ohne dass ich es je gesehen hatte. Bei all meinen Durchforstungen der Festplatte auf Sinnvolles und Sinnloses bin ich nie darüber gestolpert. Wohl hatte ich davon gehört, aber das war schon lange, lange her. Es nannte sich Vaio-Wiederherstellungscenter und übernahm die Führung Momente nachdem die CD-Rom sich zur Reparatur begeben hatte. Ein Bildschirm kam und fragte mich höflich, was ich denn machen wollte. Dann überprüfte es für mich sechs Stunden lang die Hardware, fand keine Fehler, und installierte danach die Windows-Version frisch vom Werk. Seither ist der Laptop schneller als vorher. Fenster hängen nicht beim Öffnen. Sogar der Akku hält länger. Gereinigt aus der Tiefe wieder auferstanden. Weiß wo grau war. Zumindest scheint es so.

Nur die Daten sind weg. Aber warum nicht, Gandalf hat seine Gefährten anfangs auch nicht erkannt, und ich kann ihm sein Gedächntis ja wieder aufspielen (dem Computer, nciht dem Gandalf). Das habe ich nämlich doch gesichert, letzte Woche erst.

War ja klar, dass mein Heimweg nach München noch mit Opfern und Aufgaben gepflastert sein würde. Nun fürchte ich, dass es noch weiter gehen wird. Wer kennt schon Zweiteiler? Wo alle Geschichten zur Zeit mindestens zur Trilogie werden. Wie wird es weitergehen? Wird der Laptop weiter strahlen und mir beim Sieg kommender Schlachten helfen? Oder wird er sterben, unweigerlich, unwiederbringlich, nach einer letzten kurzen Zeit im Glanz. Ich weiß es nicht. Solange ich aber schreibe, besteht Hoffnung.

Tuesday, May 17, 2011

Back to you

Die Tinte ist trocken, es ist also wahr: Ich darf zurück nach München!

Erstaunlich, erstaunlich, wie sich alles findet. Vor einem Jahr dachte ich noch ich bliebe in Regensburg und würde klein klein arbeiten und so.

Statt dessen ging es nach Bonn, beinahe nach Kairo, und bald - bald, schon so bald, hurra! - nach München.

Bonn ist ja wirklich schön. Eigentlich müsste es kleinbürgerlich sein mit seinen süßen Häuschen und vielen Blumen und so, aber es ist durch Deutsche Welle, Post-Tower, DAAD, Oxfam, Ministerien, GIZ und und und, durch all die Organisationen ist es unglaublich international. Überall in der Stadt hört man Englisch, Italienisch, Französisch, Spanisch - nur relativ wenig türkisch erstaunlicherweise :)

In der Arbeit haben wir derzeit einen kanadischen Praktikanten namens Oliver, der dafür sorgt, dass ich selber den ganzen Tag nur noch Englisch spreche. Fantastisch - ich fang schon an zu denken auf Englisch. (Anbei merkt man, dass sich mein Satzbau im Deutschen dem Englischen anpasst: "I even started thinking in English" should be: "Ich fange schon an, auf Englisch zu denken", im Gegensatz dem was ich gerade geschrieben habe.)

So eine schöne Stadt. Völlig egal, was noch passiert, nichts kann mir Bonn mehr verderben. Vorletztes Wochenende war Rhein in Flammen, letztes Wochenende war chillen und ganz viel Geschichte schreiben.

Und jetzt geht es wieder nach München zur PLU GmbH - Projektassistenz-Traineeship auf Managementniveau, viel reisen, viel arbeiten, und alles sehr professionell.

Leider macht mich das alles zu einem schlechten Blogschreiber. Die Vorbereitung von München zieht viel Zeit,  die Arbeit beim DAAD auch, und wenn ich mal zum schreiben komme, schreib ich die Fanfiction weiter, die inzwischen 25 Seiten hat. Eigentlich müsste jetzt hier stehen: "und kein Ende nimmt." Aber ich habe das Ende schon geschrieben, das Problem ist, dahin zu kommen. Es gibt also eine Lücke zwischen Hauptteil und Ende.

Wie dem auch sei, gerne und viel lieber kommuniziere ich derzeit direkt und einzeln mit meinen Lieben, also wird dies wohl für ein Weilchen der letzte Eintrag gewesen sein. In München werde ich sicher wieder mehr Inspiration haben, und das ist ab Mitte Juni.

Als Widmung für meine Heimatstadt noch das Lied das ich im Kopf habe, seit ich weiß, dass ich zurück darf:

Aber dank Copyright Gedöns kann ich es nicht einspeisen. Muah. Also doch bald noch ein Eintrag, wenn ich das Lied in ein Video verwandelt habe, hochgeladen und dann hier verlinkt...

Auf jeden Fall freu ich mich auf München!

Saturday, May 7, 2011

Nun also erster Stock


Da eine Theologie-Dozentin dies Wochenende in Bonn irgendwas machen will, gab ich das Gästezimmer frei und gästige nun in Raika's Raum. Dieser jenige welche ist im ersten Stock. Gelebt habe ich hier tatsächlich noch nie. Sein tu ich hier ständig. Der erste Stock hat die große Gemeinschaftsküche und die Spülmaschine. In eben jeniger Küche findet man daher auch immer mindestens ein nettes Leut zum reden, Teetrinken und ähnliches. Außer um sieben Uhr morgen an einem Samstag.
Heute ist Samstag und ich war vor einer viertel Stunde in der Küche. Jetzt ist es sieben Uhr fünfzehn.
Um sieben Uhr morgens also, an diesem Samstag, saß ich mutterseelenallein in der Küche und trank meinen Tee. Draußen schien schon die Sonne. Mich umgaben Vogelgezwitscher und Kirchengeläut von draußen und zwei Uhren in der Küche. Eine Uhr war analog, die andere digital. Der Sekundenzeiger der Analogen schritt von Sekunde zu Sekunde mit einem Knirschen wie ein Soldat im Kies. Die Leuchtanzeige der Digitalen blinkte dazu im Sekundentakt. Von 5:54 bis 5:58 brannte sich ihre neonrote Schrift auf meine Netzhaut. 240 Sekunden lang konnte ich nicht wegschauen. Schließlich war ich überzeugt: das Zimmer ist spiegelverkehrt, nur sie ist richtig.
Danach war mein Tee gezogen. So konnte ich wieder wegschauen. Ich warf den Teebeutel in den Müll, nahm die Tasse und ging. Keine der beiden Uhren hat mich zum Bleiben bewegen können. Sie gehen beide falsch.


Erzähl mir deine Tante

Ob das alles wohl damit zusammenhängt, dass Matthew gestern im Südbahnhof spielte? Ich weiß es nicht. Meine Pünktlichkeit machte mich zumindest zum effektiv einzigen weiblichen Groupie. Als ich ankam pünktlich um zwanzig nach acht zu einem Konzert, das um acht beginnen sollte, war Matthew der einzige, den ich kannte. Er bat mich, mich ihm gegenüber zu setzen, und so setzte ich mich zur Band, die gerade noch Frikadellen und Würstchen aß. Es war zwar noch ein Mädchen da, aber zählt man als Groupie, wenn man mit dem Bassisten schläft? Ich weiß ja nicht. Mich haben sie damals nicht als Groupie gezählt. Eher als Bassi.
Immerhin kam dann irgendwann John. Er setzte sich kurz an den Groupie-Tisch, verschwand dann aber wieder. Danach kam David, der es garnicht bis vor die Bühne schaffte, sondern auf halber Strecke am Kicker hängen blieb. Irgendwann kamen dann auch Mirl und Nicholas, und blieben noch weiter vorne hängen. Derweil spielte die Band übrigens schon ne Stunde. Sie hatten tatsächlich direkt nach der Frikadelle angefangen. Da hielt mich dann aber auch die Musik nicht mehr vorne in der ersten Reihe, wo der Groupietisch war, und ich ging hinter, weit hinter den Kicker und trank mit Mirl, Samame und John, dessen Vater Pressesprecher einer Militärorganisation in einem vom Krieg beherrschten Land wird, mit denen trank ich noch Bier, bis ich heimging. Wie das in guten Unterhaltungen so ist, weiß ich jetzt nicht mehr genau, in welchem Zusammenhang "erzähl mir deine Tante" das erste mal fiel. Aber der Spruch hat dermaßen Charakter, dass wir ihn uns danach recht häufig an den Kopf warfen. Er passt hinter Sätze wie "Du denkst wohl auch, du hättest im Lotto gewonnen, oder?" oder "DU hast deine Hausarbeit pünktlich abgegeben?" oder "dann hat er mich allein da stehen lassen, mitten in der Nacht" oder "ich bring dich nach Hause, wenn du betrunken bist, und du erzählst mir währenddessen schön deine Tante." Bis auf den letzten Satz waren alle Beispiele übrigens erfunden, und heimgebracht werden musste dann auch keiner. Wir blieben doch bei Bier, obwohl die Longdrinks so günstig waren. Erzähl mir deine Tante.


Grund zur  Verspätung

Ja, die Verspätung von Mirl und Nicholas an diesem Abend kann man verstehen, wenn man wusste, was sie im Kühlschrank hatten. Sie konnten sich nicht entscheiden, was sie essen sollten, und dann haben sie lukullisch ein bißchen Sushi genossen. Beide hatten am Abend vorher groß gekocht, was ich genießen durfte, weil ich geladen war mit einer Flasche Wein. Zusammen, denn ich half schneiden, zusammen kochten wir also eine Spargelquiche mit Schinken für heute (=Samstag), Sushi mit Rettich, Rind, Omlett und Gelberüben für irgendwann, und schließlich gab es noch Nudeln mit Chilie von gestern, Salat, Koriander und Sauerrahm zum gleich essen. Zwischen kochen, essen und weiterkochen saßen wir immer wieder mal auf der Plattform zur Feuerleiter vor dem Küchenfenster. Von dort hat man eine fantastische Sicht auf den Garten. Um sieben, halb acht abends steht die Sonne außerdem gerade so, dass man noch Licht hat auf der Plattform, bevor die Sonne langsam hinter der Birke im Nachbarsgarten verschwindet. Dies ist ein Ort für so Bücher, die man richtig gerne ließt. Irgendwann verzieh ich mich auch noch da hin in einem stillen Moment mit meinem Buch. Nur werd ich mich vielleicht besser festbinden um nicht zwischen den relativ weiten Geländerstangen durch acht Meter tief in den Garten zu fallen. Vielleicht setz ich mich auch einfach aufs Dach. Mal sehen.

Thursday, May 5, 2011

Eine Frau, ein Fahrrad

"Füller, Fahrrad und Frau verleiht man nicht," sagte mein Kunstlehrer selig, und der musste es wissen, hatte er doch aller deren drei in bester Verfassung. Mirl ist das wurscht. Gut, Mirl ist nun auch eine Frau und wird demnach nicht verliehen, vielleicht gilt daher die Regel nicht für sie. Zumindest lieh sie mir heute ohne großes Aufsehen ihr Fahrrad, ja, sie forderte mich sogar auf, es zu nehmen, um ins Billa-Bonn zu fahren, wo sie waren für die Theologen-Kneipen-Tour, damit ich mit ihnen etwas feiern konnte, was ich nicht erzählen kann, weil die Tinte noch nicht trocken ist. Womit wir wieder bei Füllern wären, aber davon mehr, wenn die Tinte trocken ist. Heute zu Fahrrädern.
Mirls Fahrrad entspricht ihr in vielerlei Hinsicht: unkonventionell und genau richtig. Die Lenkung vibiriert, wenn man langsam fährt, der Sattel klappt nach hinten wie ein sich aufbäumendes Pferd, wenn man zu weit zurück rutscht und die Bremsen gehen erst an, wenn man richtig kräftig zulangt. Aber die Schutzbleche röhren beim Treten so laut, dass einen die Gruppe, die einen beim fahren begleitet, immer hört, wenn man zurückfällt, und die Ein-Gang-Schaltung verhindert, dass man schnurstracks in LKWs düst. Mit einem festen Griff ist dieses Fahrrad in einer Stadt wie Bonn bombenrichtig, weil da eh alles nicht weit entfernt ist, und es ist absolut verkehrstauglich. Dank seinen vielen Katzenaugen ist es wahrscheinlich sogar verkehrstauglicher als so manches Mountainbike. Mirl hat einen festen Griff - also was will man mehr?
Dass ich heute außerdem ein verkehrstauglicher Fahrer war, lag allein dran, dass man im Billa-Bonn auf die Order "ein Helles bitte" als Bayer echt eine Überraschung erlebt.
Ich laufe ins Billa-Bonn nach freudiger Hinfahrt, bestelle eben jenes und frage mich in freudiger Erwartung, was es denn werden wird - ein Augustiner? (ja, das hätte ich in doppelter Ausführung genommen!) Ein Paulaner, Hacker, Spaten? Eines aus einer kleinen Brauerei? Ein Andechser, Weltenburger (ja, ja!), oder gar ein Thurn und Taxis (nein!) oder ein Graf Arco, benannt nach diesem Feigling, der Kurt Eisner umgebracht hat? (NEIN!)
Aber ne, man kriegt ein Weißbier. Ein Weißbier! Da bestellt man ein Helles und kriegt ein Weißbier! Als ich meinen Begleitern meine Ungunst kund tat, fragten sie mich doch glatt, wie denn Bier in Bayern dann heißt, und ich konnte nichts entgegnen außer: "Ja Helles halt." Denn Helles ist eine Biersorte wie Kölsch, Alt und eben Weißbier - was soll ich dazu sagen? Und was soll ich überhaupt sagen, wenn diese Kneipe an diesem Tag auch noch ein Schild aufstellt, auf dem mit einem bayerischen Abend geworben wird? Auf Nachfrage hatten sie dann überhaupt kein Helles. Eine herbe Enttäuschung. (Im doppelten Sinn).
Auch enttäuschend war die Nachfrage nach dem T-Shirt. Letztens in München sah ich tatsächlich jemanden mit einem Billa-Bonn T-Shirt. Erfolgreich wie Werbung manchmal ist, dachte ich sofort: Da muss ich doch mal hin. Aber siehe, als ich dann da war und mich dem Barkeeper selbst als Werbefläche anbot, wenn er mir nur ein T-Shirt schenken würde, sagte er mir, die gäbe es garnicht. Das sei wohl ein sehr altes T-Shirt gewesen, dass an den Fußballverein gegangen sei, den das Billa-Bonn sponsort. Aber sicher nicht in den letzten Jahren, wo er selbst Mitglied gewesen sei, und kein T-Shirt gesehen hätte, jemals. Daher muss ich leider sagen, und es tut mir weh in der Seele, leider muss ich sagen: das Billa-Bonn war eine Enttäuschung.
Gut, dass ich Mirl, Nicholas, Benni und andere dort traf, und gut, dass ich mit Mirls Fahrrad soeben wieder zurückfahren durfte. Da weiß man doch, was man hat!