Saturday, March 31, 2012

hier klicken um fort zu fahren

Chiang Mai, Thailand, irgendein Tag. "Urlaub wirkt, wenn man die Wochentage nicht mehr weiss," sagt Paula.
Sie ist Amerikanerin und meint, Obama wuerde die Wiederwahl gewinnen. Wir trafen sie und Adam am "Kajak Day". Da waren wir noch in Luang Prabang, Laos.

Die Tage nach Aktivitaeten zu benennen haben wir angefangen, als wir mit einem Slow Boat von Chiang Khong (an der thailaendisch-laotischen Grenze oben im Norden) nach Luang Prabang starteten. Es waren zwei Tage Bootstrip, auf die wir gehen wuerden mit einer Gruppe von sechs anderen Touristen, drei Daeninnen, ein Italiener und zwei Schotten. Beim Fruehstueck kam die Frage auf den Wochentag. Es herrschte Verwirrung und dezentes Desinteresse: "Wednesday, Friday, who knows? It's river day," sprach Riccardo und was hatte er Recht. Zwei Stunden spaeter waren wir auf einem ueberdachten Langschiff, hatten unser Laos-Visum im Pass und waren um zwanzig Prozent des Geldes, das wir wechseln liessen, betrogen. Ich verbrachte die acht Stunden Fahrt in ein kleines, kakerlakenverseuchtes Touristenkaff namens Pak Beng auf dem Boden kauernd neben einem Dieselmotor.

Mal ganz ehrlich, kann ich in Thailand je wieder Urlaub machen ohne acht Stunden neben einem Dieselmotor zu sitzen? Am naechsten Tag hatten wir ein groesseres Schiff und Luang Prabang war von Anfang an eine wunderschoene Stadt.

Heute ist "Monk Day" in Chiang Mai, Thailand. Zumindest hoffe ich das.
Ich traf Funny Monk hier vor einer Woche /nein streich das, es ist laenger her/. Ich traf ihn vor acht, neun Tagen. /Keine Ahnung ob das acht, neun Tage waren, glaubst du ich zaehl jetzt nach?/ Ich traf Funny Monk hier neulich. Er war ein grinsender, alter verrunzelter Moench, der akzentfrei Deutsch mit mir sprach.
Als ich ihn fragte, wieso er das koenne, sagte er: "i can absorb it from your mind." Wenn er nicht grade deutsche frauen verwirrt oder lacht (und er lacht viel) gibt er Meditationskurse. Zeit, zurueck zu absorbieren. hoffentlich find ich ihn.

UPDATE:
Es war wohl doch nicht "Monk Day", sondern Market Day. Mein Monk war in seinem Tempel nicht zu sehen, nur die acht Wochenbuddhas, die ich mir noch anschauen wollte. Fuer jeden Wochentag gibt es einen Buddha, der eine unterschiedliche Haltung hat. Fuer den Mittwoch gibt es zwei. Die Laotischen unterscheiden sich immer ein bisschen von den thailaendischen. Inzwischen kann ich alle auswendig:

  • der Sonntagsbuddha steht und hat die Haende vor dem Schoss verschraenkt
  • der Montagsbuddha steht mit einer Handflaeche erhoben (in Laos mit beiden). Er ist der Streitschlichter.
  • der Dienstagsbuddha ist der Reclyning Buddha, der, der sich zurueckzieht. Er liegt, eine Hand auf der Huefte, eine am Kopf. So war Buddha kurz bevor er ins Nirvana aufstieg, also schon erleuchted.
  • der Mittwochsbuddha steht und haelt eine Schale in beiden Haenden vor dem Bauch. In Laos haelt er die Haende seitlich, wie ein Blumenkelch. In Thailand liegt eine Hand am Boden der Schale.
  • der Donnerstagsbuddha meditiert, Schneidersitz, Haende im Schoss. (Manchmal sieht man in Thailand auch den "Restoring Peace"-Buddha fuer Donnerstag, der hat die linke Hand mit Handflaeche nach oben im Schoss liegen, waehrend die rechte auf dem Knie liegt mit den Fingerspitzen zum Boden.)
  • der Freitagsbuddha steht und verschraenkt die Haende ueber dem Herzen.
  • der Samstagsbuddha meditiert mit fuenf Schlangen, die sich hinter ihm aufbaeumen. Sie symbolisieren Bedrohung.
  • und dann haben wir noch den zweiten Mittwochsbuddha: er sitzt wie auf einem Stuhl, nicht im Schneidersitz wie sonst. Die eine Handflaeche ist nach oben gedreht, die andere nach unten. Zu ihm kommen ein Affe und ein Elefant. Der Elefant bringt ihm zuckerrohr und der Affe bringt ihm glaub ich Bananen. Der wird glaub ich Mittwoch abends vereht, der andere Mittwochsbuddha am morgen.
Wenn man den Wochentag seiner Geburt weiß, kann man sich seinen Buddha zuordnen.
Ich zum beispiel bin ein Donnerstagskind. Also habe ich den meditierenden Buddha. Er steht laut Funny Monk fuer einen ruhigen Charakter, ausgeglichen und gleichmuetig. Jetzt koennt ihr euren Buddha zuordnen und ueberlegen, wieviel Wahrheit in dieser Zuordnung steckt.

[Autorin nach dem Verfassen dieser Zeilen verschwunden. Man vermutet sie wild tanzend in den Strassen von Chiang Mai].

Friday, March 16, 2012

Ur-laub

Hei hei,

jaaa ich weiß schon ich hab seit Monaten nix geschrieben, aber hey, es ist nicht meine Schuld! Die Zeit ist schuld! Gestern war noch Januar, jetzt ist März. Wie soll ich denn da im Februar schreiben, bitte?

Aber ganz was anderes: Weißt du, woher das Wort Urlaub kommt?

Ur- ist ja die Vorsilbe für ewig alte Dinge. Ur-Großvater, Ur-Ahnen, Ur-Anus. Ur-Wald

Laub könnte jetzt natürlich von er-laub-en kommen, etwas, was sich Leute seit Ur-zeiten er-lauben.

Oder es kommt einfach von Laub. So Bäume und so.

Dann wäre Ur-laub ja ein Synonym für Ur-Wald. Ein Wald besteht ja nun zu großen Teilen aus Laub.

Dann mach ich also alles richtig, wenn ich für drei Wochen in den Dschungel abhau.

Hmmm... Ich glaub ich will garnicht wissen, woher Urlaub ursprünglich kommt. Die Gleichung Ur-Laub = Ur-Wald gefällt mir besser.

Gern würd ich jetzt ein Foto posten, aber: ich sitz ja noch nicht mal im Flieger.

Mmmmh Ur-Laub. Super.

Thursday, February 2, 2012

projektstätte in kleinbuchstaben

Jetzt hab ich ne Projektwohnung. Exil quasi. Ist irgendwie anders. Das muss ich anpassen. etwa indem man alles klein schreibt. ja das ist angemessen. nüchtern und flach.

es ist wirklich grauenhaft. gestern war ich bis zehn vor zehn in der arbeit. im kühlschrank lagen noch acht scheiben salamie, ein halber liter milch und etwas knäckebrot und einen viertelten kalten döner. räum mal alles aus deinem kühlschrank und leg nur die sachen rein, tu vorher wirklich alles raus, auch den senf, und dann schau dir an wie leer das ist! Vor allem um zehn in der nacht.

leider war der dönerladen um die ecke und der lieferservice aber zu.

kalter döner ist sehr lecker.

heute bin ich nur bis sieben geblieben. in der arbeit. danach habe ich frische salamie gekauft, frischkäse und kohlrabi.  richtig kochen ist in einer wohnung, die man nur zwei monate hat und nur unter der woche belebt, ziemlich blödsinnig.

die stadt selbst ist ziemlich überraschend schön. viel angenehmer als meine studienstadt. die straßenstruktur ist übersichtlicher, und grundsätzlich ist die stadt etwas heller. sehr angenehm. die wohnung ist auch schön, 40 quadratmeter apartment mit einbauküche, balkon und sogar badewanne im bad. außerdem ist eine senseo kaffeemaschine da, was tatsächlich unglaublich praktisch ist. ein klick und kaffee fertig. gerne gehe ich aus der arbeit, springe unter die dusche und trinke danach mit nassen haaren in meinem gefüttertem satin-pyjama einen kaffee.

das alles könnte einen fast dazu bringen, wieder groß- und kleinbuchstaben zu verwenden. aber das geht nicht, das darf nicht sein. dies ist ein blog für private kleinigkeiten, und mein privatleben muss rein bleiben. die süßen nichtigkeiten des wochenendes sind wie streicheleinheiten und zuckerwatte an einem sonnigen sandstrand. die seele atmet auf und spannt weit ihre flügel auf. egal wie verpsannt die schultern sind, sie lockern sich. der blog ist so ähnlich. es ist ein ort für kunst, für kreativität - wenn die muse im nacken sitzt und erbarmungslos an den zöpfen zieht.

hier trage ich einen mantel aus ausdauer. er ist schwer und verspannt mich. aber er ist dicht. kein noch so großes unbehagen kommt durch. allerdings strahlt auch nichts nach außen, was sich innen regt. es ist ein lernmantel. viel harte arbeit schult und schärft. es macht mich schneller, genauer, und gibt mir mehr überblick.

es gibt diese zeiten, wo alles hart ist. im kalten, harten winter passiert das mal. ich weiß, wofür ich es tue. es lohnt sich. wir haben ein ziel. es wird vorbeigehen und besser sein. derweil versüßen mir kalter döner und wochenende die zwischenzeit. das leben is nich immer pommes und disco und so. es ist auch mal projektstätte in kleinbuchstaben.

Sunday, January 8, 2012

Gallery

A good gal is giving ya a gallery


Writing is work, sure it is. I don't wanna work on a sunday, God's against it. Work was also to fill this gap in my doorframe. We did it approximately two weeks ago.


Mischa, who's living in this great house too, helped me mix up the mass to fill the gap.


 That's what it looked like afterwards. The gap was nearly 10 centimeters deep so we needed a lot of spatula mass. nearly 20 kilogramm




After so much work it's always good to have tea. Well, tea is indeed always a good idea, so it's also a good idea after work. Or, like the moment of above's picture, between Christmas celebrations. This year there were four celebrations on the three days of christmas. The last day acutally was rather dull. Another celebration could have fitted in. Anybody up for a Christmas celebration at lunchtime of the 26th of december??



Different reason, great celebration as well: New Year's eve. We had it all. Booze, Food, dance, people, fireworks 


and funny hats







Still, we managed to get the house tidied up again...




 later, we did...


Wanna see a bit more of the house 'n' stuff? 



Main common room

My cozy room 



Front Yard

and kitchen






We also have a back yard that's pretty big, and a garage, an entrance hall, two more floors and a cellar, but I don't have decent pictures of them. Anyway, it's not all finished yet. Still, you might get a nice overview from what I've been working on these past weeks. Furnishing this house meant an aweful lot of trips to Ikea during the rare occasions my work didn't keep me busy. I'm wakeing at six and returning home at seven. Sometimes I do sports after work. This eats a lot of time, especially as it means that I'm tired, awefully tired afterwards. Work itself is okay though, I'm rather good at what I'm doing and that's always rewarding. Also, I'm takeing trips once in a while. Next week for example I'm flying to Bonn to visit those lovely people I lived with for nearly half a year. Then again, I'll be back to Regensburg for a reading session of my writer's club. Sometimes I even see my friends. But I hardly have time to relax and think. It's always something to do. Still, I'll try to keep you all up to date once in a while.

Maybe I'll do it in English again, 'cause foreign languages just rule and English is so much shorter than German. Especially with all the abbreviations ;)

Hugs'n'kisses!

Sunday, December 4, 2011

Psssst!

Einfach mal Ruhe geben.

Mach mal mit: setze dich an ein Fenster, am besten auf einem Polstermöbel, und tue nichts. Vielleicht magst du es, dabei eine Tasse Tee (oder Kaffee) zu halten.
Aber nicht trinken!

Auch nicht wild in der Gegend herum gucken oder reden. Einfach mal nur sitzen.

Merkst du es? Es stellt sich nach einiger Zeit eine Leichtigkeit im Kopf ein. Der Brocken, der einem von der Seele fällt, ist eine abgegriffene Metapher, daher werde ich sie nun nicht benutzen. Vielmehr möchte ich sagen: es ist ein Klotz, der dir von den Rücken plumpst. Es führt quasi zum Gegenteil vom Denker.



Bei mir fängt die Entspannung immer an der Stirn an, über den Augenbrauen. Das Gesicht braucht weniger Muskeln zum Lächeln als zum grimmig Schauen. 17 Muskeln braucht man zum Lächeln, zum Grummeln etwa  57 mehr. Oder so - je nachdem, wen man fragt, variiert die Anzahl beim Lächeln zwischen 5 und 53, wobei die Proportion zum Grimmig gucken immer gewahrt bleibt - etwa vier mal so viel wie bei Lächeln. Die Uneinheitlichkeit in den Zahlen entspringt übrigens Variationen bei der Zählung der Gesichtsmuskeln, aber da will ich jetzt nicht in's Detail gehen. Das wäre Arbeit, und wir wollen ja nichts tun, gell?



Aussage des oberen Absatzes ist zumindest ganz sicher: Lächeln ist weniger anstrengend als grimmig Gucken. Also los, lächle.

Sind lächelnde Menschen Gesichtsschwächlinge?
Bestimmt.

Nach einer Weile Nichtstun wirst du feststellen: Alles verändert sich, wenn man nichts tut.


Heut morgen habe ich zum Beispiel Sorgen abgeschafft, als ich am Esstisch saß und nichts tat. Sophia und Matthias saßen auch am Esstisch und taten nichts. Es war sehr schön. Mein Hinterkopf wollte die Stille stören, aber ich ließ ihn nicht. Wie ich das genau erreichte, möchte ich jetzt hier gern darstellen.

Es fing damit an, dass mir mein Hinterkopf verschiedene Sachen reichte:

- Du musst noch die Türschwelle gießen

- Du musst noch die Wäsche bügeln

- Du musst noch Sachen aus dem Keller räumen

Wie ein Spüljunge in einem Großrestaurant kam ich mir vor, der ständig neue, schmutzige Teller aus dem Lokal gereicht bekommt, aber in der Küche keinerlei Platz hat zum Abstellen. Genau genommen ist es aber so, dass Leere im Kopf herrscht, die durch Post-its mit Aufgaben gefüllt werden, wie in einer Dia-Show, nichts, nichts, nichts, Aufgabe. Wer sie schreibt und abschickt, ist schleierhaft. Falls ich ihn mal treffe, werde ich einen ausgeklügelten Terminplan mit ihm ausarbeiten und ein Verhalten im Notfall.



Bestimmte Aufgaben, die der Hinterkopf da serviert, sind ja auch völlig in Ordnung und berechtigt. Wenn ich zum Beispiel in einer brennenden Küche stehe und mir erscheint ein Post-it auf dem steht: Feuerlöscher holen! würde ich zum Beispiel nie ablehnen.

Gott sei dank war das bisher noch nicht nötig bei uns, obwohl unser Kellerkind Till durchaus schon eine Flamme mit Öl so lange auf dem Herd hatte, dass es eine Stichflamme gab.



Sonntag morgen am Esstisch sind die Aufgaben-Post-its mir aber sehr, sehr unwillkommen. Genauer gesagt lehne ich sie aus dem tiefsten Grunde meines Herzens ab.

Sie kommen aber trotzdem, wie eben bei dieser Diashow, wenn jemand weiterklickt.

Der Schlüssel zum Erfolg beim Nichtstun liegt nun in einer ganz bestimmten Handlung:

Man nimmt diese Sachen einfach nicht an.

Is ganz einfach. Ja, wirklich, es ist so einfach wie es klingt!

Bist du zum Beispiel der Küchenjunge, der mit Tellern eingedeckt wird, gibst du die Teller einfach zurück an den Kellner und sagst: Nee, mach du mal.

Ein guter Satz!

Siehst du eine arbeitsauffordernde Diashow, sagst du einfach Nee, bleibst sitzen und wartest auf das nächste Dia.


Probier es einfach jetzt aus: Irgendwas fällt dir sicher ein, was du machen musst. Hast was?
Dann los: Nee sagen.

Jetzt gemeinsam zum Üben:

Der Besteckkorb muss geflickt werden.
Nee.

Der Boden muss gewischt werden.
Nee.

Der Zaun muss mit Draht umwickelt werden.
Nee.



Schön, gell?
Nee.


Damit kann man garnicht mehr aufhören. 


So, jetzt können wir also beide Nichtstun. Gemeinsam. Vielleicht sollte ich den fremden Mann im Garten unserer Nachbarn noch dazu holen. Seine derzeitige Tätigkeit erscheint mir recht sinnlos. Er steht da und umwickelt Zaun mit Draht. Da wäre Nichtstun vielleicht besser?


Ich sitze ja immer noch vor dem Fenster unseres wunderbaren neuen Wohnzimmers und schaue raus. Vor zehn Minuten erschien da dieser Mensch, der Draht um den Zaun wickelt. Jetzt, zehn Minuten später, steht er immer noch hier und wickelt weiter.

Jetzt sind es zwei! Gerade kam noch ein anderer hinzu, der wickelt jetzt auch. Im Nachbars Garten stehen zwei fremde Männer und wickeln Draht um den Zaun. Keiner von beiden ist unser Nachbar. Beide sollten dringend Nichts tun.


Später stellte sich übrigens heraus, dass sie ein Loch im Zaun flicken wollten, zumindest nehme ich das an. Die Ursache dieser Annahme ist, dass etwa eine Stunde später aus eben jenem Nachbars Garten in unserem Garten ein Hund kam. Es ist ein großer Hund, etwa so einer, der mir locker bis zur Hüfte geht, und sehr freundlich und verspielt ist.

Leider gehen die Besitzer aber nie mit ihm raus, bzw. nur etwa zehn Minuten spazieren zwei- bis dreimal täglich. Ansonsten ist er eingesperrt in einen kleinen Garten von etwa 30 Quadratmeter. Das ist zu wenig, daher ist er wohl auch ausgebrochen und hat damit das Werk der beiden fremden Männer in Nachbars Garten zur Sinnlosigkeit degradiert.

Hätten sie mal lieber Nichts gemacht.



Sunday, November 27, 2011

Die Spaltung der Persönlichkeit

Es ist soviel passiert, das reicht für zwei Personen. Aber wir lösen das jetzt ganz pragmatisch.

Hallo?

Hallo, grüß dich, ich bins.

Du, endlich, bist du wieder von den Toten auferstanden, ich glaub ich häng!

Ja, war so viel, und ich hatte keine Lust und kein Internet, und und und! Ich zieh doch grad um!

Ach ja, krass, stimmt ja. Ja aber frag mal, bei mir - weißt ja, meine Kollegin geht, und die Chefin meint grad, uns testen zu müssen, ob wir alles können. Druck, Belastung, und Druck.

Wie, euch testen? Was is denn da los?

Sie will halt wissen, ob wir das hinkriegen. Eigentlich sind wir fünf, aber nach Weggang von D und V bleiben nur A, V und ich. V ist zwar seit acht Monaten dabei, hat aber bis vor drei Monaten nur Postfach und Ablage gemacht. A ist seit sechs Monaten dabei, und ich seit vier. Das Projekt läuft aber schon drei Jahre. Kannst dir vorstellen, was wir A, V und ich alles nicht wissen.



Und wie testet sie euch?

Neulich hat sie uns nen Vortrag halten lassen vor lauter SIs darüber, wie unsere Datenbank funktioniert. Da standen wir dann zu dritt für zwei Stunden vor 40 Leuten. Es war hartes Publikum. Aber seither ist die Chefin glücklich. Der Vortrag selber war aber dann ein voller Erfolg und hat auch Spaß gemacht, aber er nahm halt Zeit in Anspruch, die wir kompensiert haben. Die Arbeit ist schon anstrengend zur Zeit.

Mhh, und dann fährst ja auch noch jeden Tag ne halbe Stunde einfach.

Halbe Stunde, schön wärs! Es ist Dauer-Nebel und es meistens dunkel, wenn wir fahren. Da bist locker bei 45 Minuten. Das heißt, nochmal in nem kalten Auto in dieser verklemmten, gebeugten Haltung sitzen, nachdem man acht Stunden in dieser verklemmten, gebeugten Haltung am PC saß. Die rechte Hand am Steuerknüppel oder an der Maus, das is eh schon egal. Die linke hat kaum was zu tun, ist aber immer angespannt, weil sie entweder tippt oder lenkt. Da biste insgesamt bei neun Stunden in der gleichen, verklemmten gebeugten Haltung, und dann musst daheim noch Essen kaufen, kochen, putzen, telefonieren. Wie soll man denn da noch bloggen? Das ist doch wieder die gleiche gebeugte Haltung! 

Pffff, kannst ja statt dessen abends nach der Arbeit noch Möbel kaufen, oder Zierleisten anschrauben, oder WG-Neu-Besprechungen machen! Die Arbeit und die ganze Fahrerrei sind sicher echt schlauchend, aber dieser Umzug ...

Umzüge sind total stressig, ich bin ja selber schon so häufig umgezogen, und irgendwas geht immer schief, und irgendwas verschwindet immer, etwas was dir total am Herzen liegt und einfach fehlt, wie das hellblaue Oberteil von Benetton, das das erste schöne Stück Wäsche war, das ich mir je gekauft habe. Was fehlt denn diesmal bei dir?

Keine Ahnung, ich hab noch keinen Schrank, so dass ich noch keine Sachen einräumen kann und schauen, was fehlt. Morgen hol ich noch ein paar Sachen aus Regensburg, die mir echt am Herzen liegen. Die Starbucks-Tassen aus aller Welt, die Teekanne aus Tschechien, die Flamingopflanze, die ich habe seit ich 12 bin. Mal sehen, wenn es einen idealen Moment gibt zu verschwinden für etwas, das ich echt liebe, dann ist das wohl morgen.

Was hast du denn bisher?

Vor allem ein Bett. Das ist dafür grandios. Es ist 70 Zentimeter hoch mit Matraze, die schon allein 30 Zentimeter hat. Schau dir mal an, wie hoch das ist, das ist echt hoch! Da fällst du morgens aus dem Bett direkt auf die Füße! Ich hab gestern das erste Mal drauf geschlafen, und ich kam mir vor wie die Prinzessin auf der Erbse ohne Erbse.

Ach geil. Mann, so ein Bett brauch ich nach meiner Arbeit wirklich. Das Fahren und gebeugte Dasitzen ist das Eine, aber die Arbeit ist echt anstrengend. D (der Kollege, der seit Anfang des Monats weg ist) und V haben mir schon seit nem Monat gesagt, dass ich mich dran gewöhnen muss, mit der Arbeit nicht fertig zu werden, weil es einfach zu viel ist. Das ist echt hart. Ich arbeite gern viel und unter Druck, aber wenn ich am Abend heimgeh und nichts fertig ist, dann ist das frustrierend. Derzeit bearbeite ich grade Mails, die ich vor zwei Wochen bekommen habe, und die Arbeit, die ich diese Woche machen sollte, die mach ich glaub ich einfach gar nicht. Es wäre nur Standard-Arbeit, aber die ist grade total unwichtig. Nur frisst mir das die Nerven auf, wenn ich unsauber arbeiten muss. 

Mies. Vor allem, nachdem ihr doch neulich diese Ansage hattet darüber, wie schlecht das Projekt läuft.

Ja, das war krass. Es muss sehr schnell gearbeitet werden, und einige Leute sind halt in andere Unternehmen gegangen. Das ist bei einem großen Unternehmen ja auch völlig normal.

Es heißt halt trotzdem Einarbeitung für die Neuen. Das ist sicher eine Herausforderung, aber ich bin mir sicher ihr kriegt das hin. Du, ich muss langsam aufhören, ich muss morgen ja nach Regensburg, Zeug einsammeln und dann zurück fahren. Außerdem muss ich noch Arbeiten korrigieren.

Klingt ja wie ein Lehrer.

Ja schon irgendwie. Mir schicken halt immer mehr Leute ihre Texte zum Überarbeiten, und jetzt kommen sie alle gleichzeitig. Vor vier Wochen hab ich noch gesagt: Wennst was korrigiert haben willst, schick es mir jetzt, jetzt hab ich noch Zeit. Wann kommen die Sachen? Dann wenn ich umzieh! Murphy's Gesetz wieder, alles was schief gehen kann, geht auch schief.

Wie viele Korrigierjobs hast denn grad?

Derzeit sinds vier Leute, die mir immer wieder mal was schicken, und eine extra. Nee, ich finds ja auch geil und normalerweise gehts ja auch super schnell. So ein paar Sätze umschreiben ist schnell geschehen, da muss man sich ja nix selber ausdenken, sondern nur feilen. Inzwischen les ich Texte sogar schnell vom Handy und gebe dann kurze Statements per Mail ab. Da kommt man sich so bossig vor :)

Sag mal, wie kommt's dass du jetzt wieder schreibst?

Das war die Inge. Naja, hauptsächlich, aber natürlich die anderen auch. Ich wollt mich schon beinahe verabschieden, aber dann kamen so liebe Beschwerdemails, dass das einfach nicht ging.

Und was sollte diese Nyan-Cat?

Hahaha, die stammt von Ivelina! Das sollte eigentlich nur so ein Zuckerstück sein, damit alle wissen, dass der Blog noch lebt. Und er geht weiter und weiter und weiter und weiter und weiter und weiter und weiter und

 Jaja, schon verstanden, wie die Nyan-Cat und so. Aber jetzt hier, kriegen wir hier mal wieder Fotos? Hast schon lang nix mehr rüberwachsen lassen.

Klar, kommt, alles in Vorbereitung. Vielleicht mach ich ne Doku: Die Entstehung des Hauses und des neuen Zimmers.

Friday, November 4, 2011

Nachtfahrt

Thomas D hat Rückenwind und nimmt dich mit auf einen Nachtflug. Da erzählt er dir was davon, dass alle Liebenden innerlich immer noch Kind seien.

Das Streiflicht der Süddeutschen Zeitung von Mittwoch zitiert zur Liebe Hella von Sinnen: Sie sei der Meinung, dass Liebe Toleranz für die kleinen Macken des anderen verlange

Und ich bete für eine tolerante Leserschaft.

Aber wie ist das mit der Toleranz?

Ist es wirklich schon Toleranz, wenn man sich an nervige Sachen gewöhnt, nur weil sie täglich da sind?

Zum Beispiel der Weg von der U-Bahn zur Wohnung meiner Eltern. Früher war er mir zu lang und ich stieg immer eine Station später aus, um kürzer zu gehen.
Heute bin ich extra eine Station früher ausgestiegen, um exakt diesen Weg zu laufen. Oder der Anrufbeantworter meiner Freundin.
Früher nervte es mich, sie nicht persönlich zu erreichen. Heute wünsche ich mir, dass sie einen hätte, damit ich liebe Nachrichten aufsprechen könnte.

Wie es wohl in fünf Jahre mit dem Autofahren sein wird? Jetzt nervt es mich kolossal.

Eigentlich seltsam, dass ich bisher noch nichts davon schrieb, obwohl ich seit drei Monaten täglich zwei Stunden fahre. Insgesamt. Eine Stunde hin, eine zurück. Meist eher weniger, aber dennoch genug.
Jetzt haben wir ja inzwischen Winterzeit. Prompt mit der Umstellung letzten Sonntag ist es gleich ein ganzes Stückchen dunkler geworden. Wo ich früher in Dämmerung heimfuhr, ist es jetzt Nacht. Und nicht nur Nacht, sondern stockdunkel.
Ich fahre also von der Schnellstraße in Augsburg auf die A8 Richtung München, und plötzlich frage ich mich: Wo ist denn die Welt hin?
Vor mir nur rote Rücklichter. Die Fahrer hinter mir sind durch das Umklappen des kleinen Hebels am Rückspiegel beinahe ausgeblendet. Eine wunderbare Erfindung, dieser Spiegeldimmer.  Mir fehlt der Mond und die Sterne fehlen mir auch. Sie haben sich in eine Nebeldecke eingehüllt und kommen heute nicht mehr zum Spielen raus. So bleiben nur ich und die Rücklichter. Wie eine Horde roter Glühwürmchen schlängeln sie sich durch kurvige Berge und Täler, So individuell und einzigartig ich auch war, als ich an meinem Bürotisch saß eine gute halbe Stunde zuvor, so verkehrt hat sich das Bild innerhalb einiger weniger Minute. Ich bin auch nur zwei rote Glühwürmchen für all die anderen, die hinter mir sind. Kann ch das tolerieren? Ist ein bißchen Bequemlichkeit, wie sie ein Auto und der Job, zu dem es einen fährt, wirklich wert, zum austauschbaren Teil einer Horde zu werden?
Die Antwort liegt wohl in der Liebe, in diesem Fall zu meinem Job. Das Team ist wunderbar. Ohne sie müsste ich lange nach Menschen suchen, mit denen ich so viel lachen kann. Zum Beispiel darüber, dass unsere Datenbank immer um kurz vor Feierabend sagt, man müsste eine Nachricht in das Feld für Nachricht eintragen, wenn es doch gar kein Feld für Nachricht gibt. Oder darüber, dass unsere Super-Kollegin die Abteilung verlässt und ihr ganzes, gut sortiertes und amüsant präsentiertes Fachwissen einfach mitnimmt. Schließlich ist es nur in ihrem Kopf.
Damit wären wir wieder bei den Fantastischen Vier angelangt. Wie beim Eingangszitat eines Fantastischen ist auch dies eine doppeldeutige Metapher, weil unser Team derzeit noch aus vier (fantastischen) Mädels besteht.
es sei genug durch die Nacht geflogen. Hella von Sinnen wird von der SZ für von Sinnen erklärt, weil die Toleranz in der Liebe nichts zu suchen habe. Darauf werfen wir aber lieber nur ein Streiflicht, während wir uns zum schlafen gehen ein bißchen ruhige Musik anhören.

Thursday, October 20, 2011

Vier Menschen

Der Rhythmus ist durch dieses Lied vorgegeben. Es hilft, wenn man es vorher hört. Das ist dann eingängiger.














VIER MENSCHEN


1.
Ich hab dir heute deinen Parkplatz geklaut
da guckste aber doof
hab ich dich ausgebaut

Du hast dich gestern in die Nesseln gesetzt
hörste nich auf mich
ist halt dein Platz besetzt

Du denkst du ka-a-anst
mit mir machen was de willst
doch da liegste daneben
solangste mehr versprichst als de hältst.


2. 
Ich hab dich gestern noch beim Fußball gesehen
Haare aufm Kopf
einfach wunderschön

Du hast mir direkt in die Augen geschaut
ichhab de Muffen gekriegt
und bin abgehaut

Du fehlst mir se-e-ehr
auch wenn ich dich täglich seh
ich stell mir vor wir gehn Schwimmen
und trinken abends einen Tee.


3.
Du hast mir heute meine Zeitung verbrannt
du widerlicher Schuft
ich bin davon gerannt

Ich hätt dich sonst in kleine Würfel gehackt
ne Schleife dran getan
und oben drauf gekackt

Du denkst nicht na-a-ach
egal wo du auch gehst und stehst
ich frage mich wie du atmest
und schon seit Jahrzehnten überlebst.


4.
Ich habe heute deine Email gelesen
sie machte mir viel Mut
ich fand sie wundergut

Du schreibst von Milch und von Sozialpädagogen
die Kühe bestohlen
und uns anlogen

Oh bitte schre-e-eib 
mir jeden Tag einen Roman
deine Worte sind Watte
ich les sie und bin einfach daham.


5.
Meine Blockade ist noch immer nicht vorbei
Gedicht, Blog oder Buch 
es ist ganz einerlei

Mir fällt nichts ein es ist die reinste Quälerei
ich starre auf das Blatt
und fühl mich mies dabei

Aber ich se-e-eh 
das als vorübergehend an
Manchmal braucht es ne Pause
bevor es später weitergehen kann.

Monday, October 17, 2011

Die nächste Stufe

  • -          Im Älterwerden vermeiden: in der Arbeit „Mr. Bojangles“ pfeifen, wenn Kollegen oder Vorgesetzte vorbeigehen, bis sie es selber pfeifen. Dann kichern.
  • -     Im Älterwerden: In zwei Blogs das gleiche schreiben 
  • -          Im Berufsleben: sich überlegen, was man mit seinem Gehalt so machen will: eine Wohnung mit Extra-Toilette suchen, die dann so aussieht in nachtblau gestrichen mit Sternenkarte der Galaxis an der Tür, Star Trek-Archiv an der Wand und kleinem Bird of Prey der über der Schüssel schwebt.
  • -          Im Blogschreiben: seinem Lieblingsleser danken, indem man like-it buttons kreiert
  • -          In der Herbstvorbereitung: Fahrrad mit Vorder- und Rücklicht ausstatten, sich selbst mit knallorangenem, zeltartigen Regencape, gefütterten Stiefeln und Klettband für die Hosenbeine
  • -          In der Professionalität: dabei Anzug tragen 
  • -          Im bessere Texte schreiben: einfach mal still sein.



Saturday, October 8, 2011

A: usreden B: schwerden

Dies ist einer von zwei Einträgen heute, weil der erste, den ich vor zwei Wochen schrieb, im unendlichen Internet verloren ging. Oder so. Der zwei Wochen alte Post ist hier: Von furchtbar zur Fruchtbar .

Hier der Eintrag von heute. Das ist wichtig, weil ein Teil vom heutigen Blog sich damit beschäftigt, dass der letzte Blog, also der, den es letzte Woche nicht gab, ausfiel. Is natürlich jetzt total doof, weil der letzte Blog, der zwei Wochen alt ist, ja heute gepostet wurde. Und nicht vor zwei Wochen. Aber jetzt wo wir darüber geredet haben, ist ja wieder alles klar, oder?


Hier also der Eintrag von heute

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 Gute Güte wie die Zeit schon wieder meandert.


Wenn sie wenigstens flöge, dann könnte man sich hinstellen und schreien: „Verweile doch!,“  oder stammeln: „wart amal, des ging mir jetzt zu schnell,“ oder einfach sagen: „Ach mei, die Zeit rennt schon wieder so, gell, ich komm zu garnix.“



Aber nein, statt dessen meandert sie, dümpelt vor sich hin, tropft wie Honig. Es reicht nicht für große Sprünge, für Fallschirm- oder Kopfsprünge, aber es ist gerade genug um noch ein bißchen fernzusehen, ein bißchen zu ratschen, um noch ein bißchen was zu essen oder was trinken zu gehen, und dann geh ich wieder schlafen, weil ich ja morgen arbeiten muss. 
Plötzlich ist wieder Wochenende, da muss es dann schnell gehen, Spaß haben, weggehen, trinken, Sport machen, Wäsche machen, sauber machen. Eh du dich’s versiehst ist schon wieder Mittwoch und du fragst dich, ob das Wochenende real war. Dann wieder klein klein, bissl radln, bissl ratschen, bissl fernsehen. Nix Großes, morgen ist ja Arbeit. 


Jeden Morgen erwarte ich aufzuwachen und 50 zu sein und zu sagen: Wollt ich nicht noch drei Monate am Amazonas verbringen? Wollt ich nicht noch auf die Pyramidenspitze? Und dieser Brief, den ich schicken wollte, die Freunde, die ich besuchen wollte, der Baum, den ich pflanzen wollte – habe ich das alles nicht getan, weil morgen Arbeit war? Und der Blog, den ich schreiben wollte?


Beschwert euch halt, ihr graue Masse die Worte saugt wie ein Schwamm, beschwert euch nur, wenn ich einen Blog ausfallen lasse.



Ja, beschwert euch!



Völlig zurecht. Wer nicht schreibt, hat Beschwerden verdient, gar keine Frage, das ist so. Beschwert euch! Beschwert euch so viel ihr wollt, aber lest.


Kennt ihr das, wenn euch Sätze immer wieder begegnen, in den bizarrsten Situationen? Fährst gerade Fahrrad und dir fällt ein, was deine Mutter zum Auszug zu dir gesagt hat? Bist in der Arbeit und dir fällt ein Satz aus einer Unterhaltung mit einem Freund vor acht Jahren an einem nächtlichen Weiher ein? Und dieser Satz bleibt vielleicht so hängen und kommt immer wieder, nicht nur beim Radln, sondern auch in der Badewanne, in der Schulung, beim Wassertrinken? Immer wieder mal so vorbei, wie eine Fliege?


Einer meiner solchen Sätze stammt von Immanuel Kant (den ich im Gegensatz zu mystischen Griechen immerhin korrekt schreiben kann) und begleitet mich wie ein Trauma seit etwa 12 Jahren. Er stammt aus seinem Werk: „Was ist Aufklärung?“ von 1812 (glaub ich, ich kann es nicht googeln weil ich kein Internet habe) und blieb hängen wie festgetrockneter Kaugummi. Weil er so un-kantianisch ist! Dieser großer Alleszermalmer, der so Sachen sagt wie: „Wage es, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen,“ der so für selber Denken steht wie kein anderer Aufklärer, ganz individuell selber Denken, jeder Einzelne, grundlegend, immer - der soll diesen Satz geschrieben haben, diesen Satz, der mich verfolgt wie Regenwolken einen Regengott?


Er lautet: „Räsoniert so viel ihr wollt, aber gehorcht!“ Er hat ihn tatsächlich geschrieben, und ich hoffe, ihn in dem obigen Parallelismus gerade los geworden zu sein. Wie die Fliege, die man erschlägt. Danke.


Das alles liegt überhaupt nur an dem Frust. Kaum meandert die Zeit, schon kommt der Einschliff. Ein bisschen was lässt du nur ausfallen, schon wirst du krank und hast plötzlich eine Ausrede, warum du andere Sachen nicht mehr machst. Dich an teuren Kongressen durchs Büfett zu fressen zum Beispiel, oder Sport zu machen, Geschichte zu schreiben oder diesen einen Planlauf in der Arbeit doch noch abzuschicken. Es war aber auch eine anstrengende Woche. Ja was sag ich – es waren zwei anstrengende Wochen. Zum  Abschluss am Freitag waren wir nur zu zweit in der Arbeit, von insgesamt sechs Leuten im Team. Und der Regen und die Wies’n sind natürlich auch schuld an der Misere. Da wird man faul. 



Oh es ist so viel aufzuräumen an diesem Wochenende! Dabei kann ich mich garnicht wirklich beschweren. Langweilig waren die Wochen nicht. 


Montag war ich noch paraglyden, Sonntag auf der Wies’n, Donnerstag davor hatte ich einen Übernachtungsgast und heute hab ich meinen Vertrag unterschrieben. Ja, wirklich, ich bin ab November unbefristet festangestellt, nix mehr Trainee und Taschengeld, sondern richtig fix und fertig angestellt.

Wie, war zu schnell alles? Na, dann der Reihe nach.



Donnerstag also Wies’n mit der Arbeit: Bis halb vier gearbeitet, dann nach Hause, in drei Minuten in mein Dirndl gesprungen, und ab auf die Wies’n. Dort trinken und essen und Jan treffen und trinken und Achterbahn fahren. 
Wunderbares Highlight: Jörg, der am Klo neben einem stattlichen Mann in waschechter Lederhos‘n-Montur steht und überhört wie dieser am Handy sagt: „Ich bin gerade in München auf diesem Volksfest!“ 


Ja, kann man schon mal. Dieses Volksfest, dieses, das die da jährlich feiern, nicht wahr? Aber das ist nur ein Highlight neben der Massagekette und Diskussionen zwischen Amerikaexperten und Brian, dem 29-jährigen Kalifornier, den Jan aufgegabelt hat. Vielleicht noch das Endergebnis: zwei symmetrische blaue Flecke am rechten und am linken Oberschenkel, wurstscheibengroß. Achterbahnfahren ist cool. Die Heimfahrt mit der U-Bahn und einem sehr guten Freund, der auf meiner Couch seinen Rausch ausschlief, war Gott sei dank ruhiger.



Sonntag, nach dem Cousin- und Cousinentreffen am Samstag das schön war wie immer, Sonntag nochmal Wies’n mit der Arbeit. Feiern im Ammerzelt, komplett auf Kosten der Chefin, und lecker lecker Essen und Trinken. Dennoch komisch: Dieser Zwang, besonders ausgelassen zu feiern, mit Leuten, die eben doch nur Kollegen sind und keine Freunde. Problematisch? Nein. Problematisch? Ja. 
Der Unterschied liegt im Bier.


Insgesamt aber doch kein Problem und so unspektakulär, dass noch Platz ist für ein, zwei Sätze zum Cousin- und Cousinentreffen. Wir sind nämlich eine recht große Familie. Sechs Tanten neben meiner Mutter, die alle durchschnittlich zwei Kinder haben. (Eine hat keine, dafür hatte die andere vier.) Inzwischen haben davon drei auch schon wieder insgesamt sieben Kinder. Die machen plus Ehemännern minus Scheidungen und Todesfällen sind es noch 31, die zu Familientreffen kommen können.


Da reicht Weihnachten und Ostern und Oma-Gedächtnis nicht aus, um ausführlich zu ratschen. Also haben wir ein Zweit- und Dritt-Generationen Treffen eingeführt, Cousins, Cousinen und Kinder und Männer und alles. Diesmal war Lilli die Ausrichterin, die in meinem Nachbarviertel Obermenzig lebt und dort in einen wunderschönen Biergarten mit anschließendem Spaziergang geladen hat. Es war so lustig, dass ich sogar auf das Bayernspiel verzichtet habe. Das hätte ich für die Arbeit wohl kaum getan. 

Aber um mich von der Arbeits-Wies’n zu stehlen hatte ich eh eine wunderbare Ausrede, nämlich das Paraglyden am Montag.

Da hing ich dann an einem Tandemschirm 1000 Meter in der Luft und glitt mit 40 km/h über winzig kleine Kühe, winzig kleine Autos und winzig kleine Swimming-Pools von winzig kleinen fremden Leuten. Toll war es. Angst hatte ich kein bisschen, nein, im Gegenteil, es war sehr sehr schön. Anfangs war es seltsam, wie ich mit vollem Karacho diesen Steilhang runterrannte, hinter mir meinen Tandemlehrer und am Rücken einen sperrigen Rucksack. Aber das fliegen – nur fliegen ist schöner, ja wirklich. Gern würd ich auch sagen: Über den Wolken ist die Freiheit grenzenlos, aber es gab keine Wolken. Nur Sonne. 

Die Sonne hat sich wohlgemerkt derzeit aus München verabschiedet. Es schifft, und wenn es nicht schifft, dann regnets, und wenn es das nicht tut, ist es bewölkt. Aber das hat mich heute auch nicht gestört, als ich von meiner Arbeitsstätte vom Statusgespräch kam und meinen unterschriebenen Vertrag in der Tasche hatte. Wörtlich natürlich. Traineeship ab November vorbei, und dann tatsächlich das, was es sonst nicht gibt, eine unbefristete Festanstellung. Jippie! Jippie! Jippie! 

Zeit für einen kleinen Brief, der ein bißchen was mit allem zu tun hat:



Liebes München,


es wird Herbst. Kein Wunder, dass da herb drin steckt. Im Sommer bist du leicht zu lieben, in der Sonne an der Isar, in Schwabings Cafes, auf dem Fahrrad, im Biergarten, in den Stadien, im Englischen Garten, an den Seen. Der Abschied davon ist herb. 

Was mein gleichnamiger Professor für politische Philosophie jetzt dazu sagen würde, ist ungewiss. Fest steht, dass er etwas dazu sagen würde. Einmal stand er in einer Vorlesung – denn das machen Professoren so, Vorlesungen halten – und blickte entgeistert aus dem Fenster als er sagte: „Da draußen wird rasengemäht. Ich weiß jetzt nicht, was Rosseau dazu sagen würde.“ So etwas ist nötig, wenn man in der Vorlesung gerade bei Montesquieu ist, weil Professor Herb damit klar machte, dass er erstens ein Professor ist und zweitens ein Philosoph. Daran muss man die Studienschaft immer wieder erinnern, in dem man völlig zusammenhangslos Belanglosigkeiten sagt, die mit garnichts etwas zu tun haben, außer ein kleines bisschen. Das ist Herb, Professor Herb.


Herbst ist, wenn man in der U-Bahn sitzt und einem auffällt, dass die Dame gegenüber nicht weint, sondern Schnupfen hat.


Treue ist, wenn man seine Stadt trotzdem liebt. [Memo: In einem Monat Liebe zu München überprüfen.]

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Zum Schluss noch eine gute Idee aus der Arbeit: Wenn dir der Tag ein bißchen auf den Wecker geht, pfeife ein bißchen Mr. Bojangles und schau, wer es übernimmt. Tu das im Lift, in der Kantine, am Schreibtisch. Das verbreitet sich wie eine Grippe. Du wirst überrascht sein und ein bißchen was zu kichern haben. Nur, falls die Zeit mal festhängt und sich garnimmer bewegt.

Von furchtbar zur Fruchtbar

DIES IST EIN NACHDATIERTER EINTRAG - ER STAMMT URSPRUENGLICH VOM 25.9.2011, GING ABER WIE ICH SOEBEN ZU MEINEM ERSCHRECKEN FESTSTELLTE, NICHT ONLINE. ICH ENTSCHULDIGE MICH IN ALLER FORM FÜR DIE VERWIRRUNGEN UND GEBE HIERMIT BEKANNT, RECHTLICHE SCHRITTE GEGEN DAS INTERNET UND COMPUTER IM ALLGEMEINEN ZU ERWÄGEN.

Hier also der Eintrag vom 25.9.2011


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Am Abend neben Deppen stehen, die von der Wies'n kommen. Möglich, dass sie nur betrunken Deppen sind. Möglich, dass sie es immer sind. Still ist dein Hinterkopf am Weinen vor Panik. 

Ihnen dabei zuhören, wie sie sagen: „Lass dir raten, trinke Spaten. Voll der gute Reim.“
Und der andere sagt: „Lass dir raten, trinke niemals Spaten. Voll der gute Reim.“

Das ist furchtbar. Vor allem, wenn der Bus nicht kommt, der seit drei Minuten da sein sollte und dich von den Deppen befreien. Nein warte, das ist gelogen. Seit fünf Minuten.

Deine Haare kitzeln in der Nase, weil sie so lang sind, nicht, weil sie da wachsen. Du würdest sie gern abschneiden, und zwar alle wie Sinead O’Connor, aber leider sieht das scheiße aus und zweitens hast du keinen Vornamen der so schön wie Skinhead klingt. Und drittens, selbst wenn du so einen Namen hättest, solltest du damit in ein englischsprachiges Land ziehen, sonst checkt den Witz wieder keiner. Dann denken wieder alle an Nazis. Dabei ist die wörtliche Übersetzung doch so schön: Hautkopf. Das ist doch mal ein schönes Wort. 

Dann kommt der Bus, Gott sei Dank kommt er endlich während du diese Zeilen schreibst. Du schreibst weiter, und plötzlich bist du da obwohl der Satz noch nicht fert

Das war’s dann wieder. Als du wieder zum Schreiben kommst, ist die Stimmung wieder ganz anders und du trägst einen Pferdeschwanz. Wie da weiterschreiben?

Natürlich die Antwort, die du kennst und weißt und dich auch dran hältst: Arbeit, planen und Zeit investieren. Aber das musst du nicht laut sagen. Sollen mal alle denken, dass du Kunst scheißen kannst. Klammere dich aber an nichts, was kaputt ist wie der einseitige Dialog. Selbst nach zwei Stunden intensivem Getippe kriegst du es nicht mehr so hin, als wärst du betrunken. 

Nee so nicht. Stattdessen lieber Tagwerk genießen, diese Tage wenn einfach alles zu viel ist und die Chefin Freitagnachmittag vorbeikommt und sagt: „Dann bräuchten wir noch so eine Liste mit allen Fällen, die von der GMD Abteilung blockiert werden, die kannst du ja dann machen.“
Das Gespräch mit der GMD ist natürlich am Dienstag, Dienstag früh. Leider hängt auch alles andere, nichts geht mehr, Alice hat Montag frei und Viola, die Kollegin, die alles kann ist im Urlaub. Still ist dein Hinterkopf ist am Weinen vor Panik. So ist das, und Kollegen loben deine Ruhe. Dabei sagt Ruhe nur, dass du gerade Panik schiebst.

Wenn’s dir gut geht, lachst du immer. Wie neulich an der Frucht-Bar wo du Prosecco gesüffelt hast zwischen zwei Schwimmzügen. Da hast du dich rückwärts von deinem Barhocker fallen lassen und bist ins warme Wasser abgetaucht. Nach dem nächsten Saunagang bist du unter einer Riesen-Plastiklilie gestanden, von der Wogen von Wasser fielen wie im tropischen Regenwald. Du hast dir den Eishonig abgewaschen, der dich wie eine starke, wunderschöne Model-Haut während des Aufgusses gekühlt hat. Immer warst du dabei und hast gelacht. Und ich habe mit dir gelacht.


Also ist es doch wieder ein einseitiger Dialog geworden. Du machst das impersonale Du zur direkten Rede. Still und leise bist du in meinem Hinterkopf eingezogen und seither ein treuer Begleiter. Dort meldest du dich, sobald die Panik mich zu übermannen droht. Dann stellst du dich wie ein Schutzschild dazwischen und lässt Realität ein, die sagt: „Montag ist auch noch ein Tag,“ und: „betrunkene Deppen die schlecht reimen sind harmlos und tun dir nichts.“

Es ist wahr, dass ich diese Ruhe nie hätte, wenn du dich nicht einschalten würdest und das Steuer übernimmst. Auch jetzt bist du bei mir. Ich spüre deine Augen auf mir ruhen, während ich diese Zeilen tippe. Sie streicheln mein Gesicht mit jedem Wimpernschlag. Wie an der Frucht-Bar.