LL Aktuell

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Geschichten und andere Geschichten

Thursday, July 5, 2012

Mission Impossible

Es ist Mittwoch, 15.12.2011, 13.59. Völlig genervt und fertig verlasse ich meinen Arbeitsplatz, um zehn Minuten lang dezidiert nicht an Arbeit zu denken. Mein Telefon begleitet mich, aber weder E-Mails noch Spielchen schaffen die verhoffte Ablenkung. Aus Verzweiflung und Langeweile wende ich mich an das elektronische Gesichtsbuch und lese die Nachrichten meiner Freunde. Hier finde ich endlich Ablenkung in dem Post von Mirl, die - mit einem verzweifelten Unterton - die Netzwelt fragt, ob jemand ihr einen doc-Anhang öffnen kann. Ich poste elektronisches Mitleid und inquiriere, was denn passiert sei.


Drei, vier Stunden später, es ist immer noch Mittwoch, es ist immer noch Arbeit, es ist immer noch nötig, eine Pause zu nehmen. Mirl schreibt eine dieser Mails, die mit meinem Vornamen anfangen ohne Hallo. "Lisa" gefolgt von "!" Die Dringlichkeit dieser Nachricht erklärt sich von selbst.


Nochmal später, immer noch Mittwoch, aber diesmal daheim, habe ich die Geschichte beisammen:
In einer interagilen Mischung aus Telefon und E-Mail berichtete Mirl mirFolgendes: Die Lektorin, die den Hauptteil ihrer Masterarbeit bearbeiten sollte, hat sich einen Virus eingefangen, einen elektronischen wohlgemerkt. So gut das für sie sein mag, so schlecht ist es für die Datei, die sie Mirl schickte. Sie lässt sich nicht einmal öffnen, was wegen des Virusses wohl auch besser so ist. Leider gibt es auch keine andere Möglichkeit, den Inhalt sicher zu übermitteln, sitzt die gute Dame doch derzeit in -

Afghanistan.

Nächster Schock: Die Arbeit muss Montag abgegeben werden.


Montag.

Im Kern geht es um 22 Seiten, die sich Gott sei Dank erstens:
um ein Thema drehen, das mir durch diverse Gespräche schon geläufig ist und zweitens:
teilweise von ägyptischer Geschichte handeln, die mir dank meines Studiums geläufig ist.


Am nächsten Tag kriege ich den Teil zur Überarbeitung. Es ist Donnerstag, der 15.12. und ich muss noch Geschenke bestellen. Abends esse ich zwanzig Minuten Rosenkohl mit Buttermilch und versinke vor dem Computer. Die Arbeit fängt gut an. Saubere Zitierweise, klare Formulierungen, hier und da ein fehlendes Komma und meistens sind die Sätze zu lang. Abgesehen von diesen Kinderkrankheiten aber vor allem spannender Inhalt und gute Strukturierung. Lesen und korrigieren, korrigieren und lesen. Es sind noch zweiundzwanzig Seiten, noch achtzehn, noch fünfzehn und der Abend wird immer später. Im Wohnzimmer sitzen die WGler, essen Lasagne und lachen. Ich besuche sie zwanzig Minuten mit einem Bier, bevor ich weiter lese und redigiere.
Um elf wache ich auf vor dem Bildschirm, wo mein kleiner Finger eine endlose Spur von ################################################################################################# hinterlassen hat. Gott sei Dank habe ich nicht auf die Tastatur gesabbert. Die aktuelle Version wird zwischengespeichert und verschickt, dann gehe ich schlafen.

Freitag, 16.12.: Es geht weiter. Alice, meine Kollegin von der PLU, mit der ich immer zur und von der Arbeit fahre, fährt uns freundlicherweise nach Augsburg, während ich auf dem Beifahrersitz tippe und tippe. Die letzten fünf, sechs Seiten sind zäh. Offensichtlich war die Autorin beim Schreiben sehr müde. Es korrigiert sich langsamer. Schließlich scheitere ich: die Fahrt nach Augsburg ist zu kurz. Ich speichere auf die SD-Karte, schiebe sie ins Handy und sende alles per Mail an Mirl.


Um acht Uhr neun liegt der Großteil der Arbeit korrigiert in ihrem Briefkasten. Da war sie in Bonn - so verriet sie mir später - gerade wieder aufgestanden, nachdem sie von elf Uhr abends bis drei, vier durchgearbeitet hatte, dann um acht wieder aufstand.

Ein mittägliches Telefonat brachte uns einander endlich näher: Es bestand Einigkeit, dass der letzte Teil erhöhte Aufmerksamkeit bedurfte. Das lief dann etwa so: Mirl überarbeitete, ich arbeitete. Mirl schickte, ich las und überarbeitete. Mirl schlief, ich schickte. Mirl überarbeitete, ich schlief.
Dann geschah eine Weile nichts bei mir.
Aber Mirl hat es schließlich doch geschafft. Die Arbeit war fertig und abgegeben. Welch ein Segen.

So anstrengend es auch gewesen sein mag ist es doch ein erhabenes Gefühl, an so einem Projekt teil zu haben.

Danke, Mirl

1 comment:

Anonymous said...

oooh... den hatte ich nicht gelesen.. überhaupt tauche ich ja recht viel in deiner "Freizeit" auf :D hehe, größtes Geschenk an meine Masterarbeit! Dafür gabs aber auch Essen am 15.1. und einen Bonnbesuch... und am Freitag bin ich auch malwieder da! Zeig mir den Märchenwald!
Gruß und Kuß,
Mirl

P.S. Hier regnets seitdem ich denken kann bei 17°