Die Mitbewohnerin: "Shake noch einmal deinen Hintern! Ok, jetzt darfst du in's Bett gehen." Sprach's und putze sich weiter die Zähne. Das lag an der Musik, die Nick gespielt hat, Apple-Jazz oder so, er wollte mir den Link schicken. Mein lieber guter Freund Alexis hätte das Popo-Wackel-Musik genannt. Zu Popo-Wackel-Musik gehört zum Beispiel auch Motown. Oder World Music. Also ist ja auch klar, wie man dazu tanzt - so etwa wie Shakira nur auf Halfspeed, und dazu die Hände ungefähr auf Brusthöhe mitwippen lassen. Bei Fortgeschrittenen können die Hände eine eigene Dimension erhalten, die das Popo-Wackeln unterstreicht und erweitert. Anfänger belassen es bei minimalen Bewegungen. Smooth.
Guter Wochenausklang. Stressige Woche - nein, das war falsch formuliert. Stressiges Leben. Besser formuliert. Der Wochendrill sieht so aus: Auf um fünf, U-Bahn um 5:45, Zug um 6:01, Tram um 6:48, Bus um 6:52, einstempeln um 7:04 (minimale Abweichungen in den Minuten möglich). In der Arbeit variable Aufgaben und Zeiten, bis auf Montag morgen, da immer Report-Sheet bis Mittag, und über Mittag laufen lassen. Abend variiert auch, wird aber diktiert vom Terminkalender, der täglich zwischen 6:52 und 7:04 frequentiert und aktualisiert wird. Mal diktiert er Kampagnentreffen um Acht am Sendlinger Tor, mal Vortrag des ecuadorianischen Botschafters um sieben im Eine-Welt-Haus; manchmal sagt er auch: Schuhe kaufen mit Verena. Was auch immer Temmy sagt (so habe ich ihn genannt, den Terminkalender, Temmy, wie Tommy nur mit e), um zehn meldet sich sicher wieder die U-Bahn von morgen und sagt: "Also ich steh morgen wieder an der Station und fahre um 5:45 los. Wenn du dabei sein willst, solltest du vielleicht doch langsam besser ... schlafen gehen?" Um zehn dreißig meldet sie sich dann nochmal: "Servus, ich bin's nochmal. Also, du kannst morgen echt gern mitfahren. Ich freu mich." Und dann versteh ich's auch endgültig und geh dann mal schlafen. Das ist so das Wochen-Leben.
Eigentlich ist stressiges Leben auch falsch formuliert. Is garnicht so richtig stressig. Ist halt sehr durchgetaktet. Aber dadurch auch sehr entspannt. Da musst du nämlich garnicht drüber nachdenken. Also, die U-Bahn setzt eine Kette von Dominosteinen in Gang, die den ganzen Tag diktieren, bis zum Abend wenn die U-Bahn sich wieder meldet und mich in's Bett schickt, damit ich die U-Bahn wieder erwische. Also setzt die U-Bahn eigentlich nicht nur einen, sondern alle Tage der Woche in Gang. Die U-Bahn führt zu Zug zu Tram zu Bus. Bus fährt zur Arbeit. Klick, Klick, Klick fallen die Dominosteine. Während Bus ist die perfekte Zeit für den Terminkalender, und Terminkalender führt zu Abendveranstaltung (wobei, das ist nur zu vier Fünfteln war, weil der Terminkalender auch einen Tag der Woche für frei reserviert hat. Da ist Temmy streng.). Klick, Klick fallen die Dominosteine am Abend. Bis - klick - die U-Bahn mich wieder in's Bett schickt. Klick Klick Klick.
Aber Freitag nachmittag bis Sonntag nachmittag fallen keine Dominosteine. Freitag um drei schau ich mal, wie lang ich noch in der Arbeit bleibe - und danach wird's spontan. Samstag bin ich vor zwölf eigentlich nicht zu gebrauchen. Nicht, weil ich Freitag zu lang weg war (also, vielleicht schon, aber eben nicht unbedingt), sondern weil ich nicht will. Eine sehr rationale Entscheidung, findet ihr nicht? Samstag nachmittag oder Sonntag nachmittag bin ich dann beim Mütterchen, meistens zumindest, manchmal aber auch abends. Aber halt bloß nicht durchgetaktet oder so, sondern mal so, mal so. Manchmal bin ich auch am Stand. Oder laufen. Manchmal schreib ich eine Geschichte. Manchmal geh ich tanzen. Manchmal manchmal manchmal. Aber das muss so sein, das mit dem manchmal, um ein Gleichgewicht zur Woche zu setzen.
Manchmal frage ich mich, wie mein Freund in dieses Gemenge reinpasst. Aber darum mach ich mir Gedanken wenn er wiederkommt in einem dreiviertel Jahr. Er ist ja gerade nicht da, seit einem guten Viertel Jahr. Drum schüttel' ich in der Zwischenzeit meinen Hintern nur für meine Mitbewohnerin, wenn wir uns nach welcher Aktivität auch immer nachts in der Küche treffen mit Nick, und Nick diese gute Musik spielt. Eine sehr lustige Angelegenheit, das Küchengetanze. Das könnte ich fast in mein Wochenende eintakten.
No comments:
Post a Comment